Planlos auf beiden Seiten der Barrikade
Nelli Tügel über die Proteste der französischen Gilets Jaunes
Paris hat den Atem angehalten – und dann hat es geknallt. Die Bilder der Riots sind nun allgegenwärtig. Sie überlagern, was am Samstag zumindest in der Hauptstadt deutlich wurde: Auf keiner Seite der Barrikade gibt es einen Plan. Die Regierung hat sich entschieden, Feuer mit Feuer zu beantworten. In vielen Städten kam Tränengas zum Einsatz, 1723 Protestierende wurden landesweit festgenommen. Eine Strategie, die aufgebrachten Menschen in gelben Westen zu umarmen, ist das nicht.
Ob diese sich überhaupt noch von der amtierenden Regierung beruhigen lassen, ist ohnehin fraglich. Zu gering ist das Vertrauen, dass es mit ihr soziale Verbesserungen geben kann, zu groß die Wut. Doch auch die Bewegung selbst hat keine Strategie. Wie soll sie auch, so spontan, dezentral, heterogen, dynamisch, kopflos und diffus sie eben ist. Am Wochenende zeigten die Gilets Jaunes trotziges Selbstbewusstsein. Dass die Regierung unliebsame Maßnahmen zurückziehen musste, haben viele als Ansporn verstanden. Nun wollen sie mehr.
Doch um »mehr« zu erreichen, bräuchte es wohl doch einen Plan, eine Idee – und damit diese wiederum eine linke Idee ist, müssten die vielen Gewerkschafter, Schüler, Antirassisten und Linken, die sich inzwischen zu Gelbwesten erklärt haben, nun schleunigst in einen Dialog miteinander treten.