Protest gegen Präventivhaft
Verschärfte Polizeigesetze in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fordern Widerspruch heraus
Tausende Menschen haben gegen die Verschärfung der Polizeigesetze in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen demonstriert. In NRW soll am Mittwoch eine Entscheidung fallen.
Nicht ganz so viele Menschen wie im Sommer sind am Samstag in Düsseldorf bei Nieselregen auf die Straße gegangen. Aber 5000 Menschen bei schlechtem Wetter und in der Vorweihnachtszeit sind viel, um gegen ein Gesetzesvorhaben zu demonstrieren. Tatsächlich hat es das neue nordrhein-westfälische Polizeigesetz in sich.
Präventive Ingewahrsamnahmen, mehr Videobeobachtung und ein eigener Staatstrojaner für Nordrhein-Westfalen bringen Menschen aus unterschiedlichen Spektren auf die Straße. Parteien wie die Grünen und die Piraten sind genauso gegen den Gesetzentwurf wie die Gewerkschaft ver.di, Datenschützer und Aktive der Klimagerechtigkeitsbewegung. Letztere haben im Hambacher Forst erlebt, was die Polizei jetzt schon alles darf.
Über das Vorhaben der schwarz-gelben Landesregierung soll der Landtag am kommenden Mittwoch entscheiden. Das Gesetz sollte eigentlich schon im Sommer verabschiedet werden. Massive Bedenken von Experten und die Androhung von Verfassungsklagen brachten die Landesregierung allerdings dazu, den Entwurf zu überarbeiten. Doch das reicht den Menschen, die gegen das Gesetz demonstrierten, nicht. Der Rechtsanwalt Christian Mertens sprach in einer Rede von Modifikationen »kosmetischer Natur«. »Nach der angeblichen Änderung hat sich so gut wie nichts geändert: Noch immer können Menschen auf unabsehbare Zeit eingesperrt werden, weil die Polizei glaubt, dass sie in Zukunft vielleicht irgendetwas machen«, so Mertens, der im Re- publikanischen Anwaltsverein aktiv ist.
Fotis Matentzoglou aus dem Landesvorstand der Linkspartei kritisiert: »Durch das neue Polizeigesetz ist unsere offene Gesellschaft bedroht.« Diskriminierung gegenüber Migrantinnen und Migranten werde per Gesetz zementiert. »Rassistische Kontrollen werden legitimiert und mit repressiven Maßnahmen ausgebaut.«
Ähnliche Bedenken gibt es in Niedersachsen. In Hannover gingen am Samstag ebenfalls etwa 5000 Menschen gegen ein dort geplantes Polizeigesetz auf die Straße. Auch hier ist den Kritikern insbesondere die Präventivhaft ein Dorn im Auge. In Niedersachsen soll sie für 74 Tage möglich sein. »Das Polizeigesetz ist für uns ein institutioneller Ausdruck des Rechtsrucks«, sagte Jonas Wagner, Sprecher der Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative«. »Wir sind der Meinung, dass Sicherheit durch Solidarität entsteht und nicht durch militarisierte Polizei.«
Anders als in Nordrhein-Westfalen wird das dortige Gesetz nicht mehr in diesem Jahr verabschiedet. Juristen des Landtags hatten verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Michael Braedt, politischer Geschäftsführer der Linkspartei in Niedersachsen, hofft, dass juristische Bedenken und der Druck der Straße dafür sorgen, dass das Gesetz nicht verabschiedet wird. »Eine große Bewegung hat 1968 den Notstandsgesetzen die Zähne gezogen, das erhoffen wir jetzt auch.«
»Eine große Bewegung hat 1968 den Notstandsgesetzen die Zähne gezogen.« Michael Braedt, Linkspartei