Gelbwesten machen auch die Grenzen dicht
An den spanisch-französischen Übergängen ist die Solidarität der Autofahrer groß, obwohl sie zum Teil in langen Staus stehen
Während es in Paris erneut zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Gelbwesten und der Polizei gekommen ist, stellt sich die Lage in Teilen der Provinz anders da. Zwar herrschte etwa im baskischen Grenzgebiet am Wochenende ein riesiges Verkehrschaos, doch die Lage war weder angespannt noch aggressiv. An der Mautstelle in Biriatu begannen die Demonstranten schon am frühen Samstagmorgen damit, die Grenze zu blockieren. Schnell waren zwei der drei Übergänge von Irun nach Hen- daye betroffen, der Lkw-Stau auf der Autobahn vor der Grenze zog sich über acht Kilometer. Nur alle zehn Minuten wurde ein Lastwagen durchgelassen. Doch die Fahrer quittierten das Weiterkommen bis zur nächsten Blockade meist mit lautem Hupen und streckten die Faust mit ausgestrecktem Daumen nach oben aus dem Fenster. So grüßten auch viele Autofahrer die Gelbwesten.
Normale Autos ließ man langsam durchfahren – wegen der Verzögerung ausnahmsweise auch gratis. Das galt auch in Richtung des spanischen Baskenlands, wo zunächst nicht blo- ckiert wurde. Doch der GelbwestenUnterstützer Patrick Manterola kündigte an, dass man den Protest ausweiten werde, sobald weitere Blockierer hinzustoßen würden. Später wurde dann doch ein kleinerer Grenzübergang gesperrt, über den normalerweise keine Lkw fahren. Die baskische Polizei Ertzaintza hatte die Fahrzeuge daraufhin über den Übergang zwischen Behobia und Pausu geleitet, was in den Wochen zuvor noch nie geschehen war.
Damit hatten die Gelbwesten tatsächlich einen Erfolg erzielt. Die Proteste wurden deutlich ausgeweitet, gleichzeitig bekamen sie viel Solidarität aus dem Baskenland. Für die Demonstrantin Mari-Jose ist das eine Bestätigung: »Es ist doch überall das Gleiche, wir müssen in ganz Europa aufstehen und für unsere Rechte kämpfen«, erklärte die Frau, die sich im »Schichtdienst« bei den Blockaden mit ihrem Mann abwechselt. »Es hat sich viel verändert, wir sind solidarischer geworden«, sagte sie. Der bisher größte Erfolg, um sichtbarer zu werden. Das sei in Frankreich dringend nötig, wo die Vereinzelung deutlich stärker wirke, als auf der anderen Seite der Grenze, so Mari-Jose. Jetzt gestehe man es sich gegenseitig ein, dass viele Menschen ähnliche Probleme haben, wie man selbst. Dass das Geld, das man verdient oder als Rente bezieht, oft schlicht nicht bis zum Monatsende reicht.
Erstaunlich: Vom Auslöser der eigentlichen Proteste, die geplante Steuererhöhung für Treibstoffe, sprechen auch die Demonstranten Margot und Manu nicht, obwohl die zurückgenommen wurde. Es geht längst um grundlegende soziale Fragen. »Es geht um höhere Löhne und Renten, es geht um niedrigere Steuern und Sozialabgaben.« Wie das bezahlt werden soll, glauben Manu und Margot auch zu wissen. Die Subventionen für die Unternehmen und die Diäten für die Abgeordneten müssten gestrichen, die Steuern für Reiche und für die multinationalen Unternehmen erhöht werden. Die zahlten ja praktisch keine Steuern. Manu, ein gestandener Linker, der seine Fahne mit dem aufgedruckten Revolutionshelden Che Guevara schwenkt, sieht schon eine »Revolution«. Es gehe längst nicht mehr nur um einzelne Verbesserungen oder einzelne Forderungen. Darüber sei die Bewegung längst hinausgewachsen.