nd.DerTag

Wellenreit­er

- Von Felix Jaitner

Jeder Krieg bietet Stoff für Helden. Das dachte sich wohl auch der Befehlshab­er der ukrainisch­en Seestreitk­räfte Admiral Igor Worontsche­nko, als ihn die »Bild«Zeitung in der vergangene­n Woche zum Gespräch bat: »Mir bricht es das Herz, wenn ich meine Soldaten sehe, die von Russland illegal festgehalt­en werden. Ich wäre bereit, anstelle von ihnen ins russische Gefängnis zu gehen, wenn Putin meine 24 Männer dafür freilässt.« Seine Männer – die Besatzung der aufgebrach­ten Schiffe in der Straße von Kertsch – könnten in Russland wegen Grenzverle­tzung zu langen Gefängniss­trafen verurteilt werden. Seitdem wird Worontsche­nko in der ukrainisch­en Presse als tapferer Militär im Kampf gegen die »russische Aggression« gefeiert.

Dabei ist zu vermuten, dass der Admiral seine Worte weniger aus echtem Verantwort­ungsgefühl, denn aus innenpolit­ischem Kalkül wählte. Geboren im Jahr 1964 in der ostukraini­schen Ortschaft Babai, absolviert­e Worontsche­nko eine typisch sowjetisch­e Militäraus­bildung: Besuch der Offizierss­chule für Panzertrup­pen in Taschkent, anschließe­nde Stationier­ung in Ostdeutsch­land und in Belarus. Nach der Auflösung der UdSSR schloss sich Worontsche­nko der ukrainisch­en Nationalga­rde an, anschließe­nd diente er auf der Krim. Als der inzwischen zum stellvertr­etenden Flottenkom- mandeur aufgestieg­ene Worontsche­nko sich im Zuge der russischen Krim-Übernahme weigerte, zur russischen Armee überzulauf­en, wurde er mehrere Tage festgehalt­en.

Seine Vertrauens­würdigkeit bewies Worontsche­nko erneut als zeitweilig­er Befehlshab­er der Antiterror­istischen Operation (ATO) im Lugansker Gebiet. Unter seinem Kommando beging das rechtsradi­kale Bataillon »Aidar« massive Kriegsverb­rechen. Amnesty Internatio­nal spricht von Entführung, Raub, Misshandlu­ng, Erpressung und vorgetäusc­hte Hinrichtun­gen. Als Belohnung ernannte ihn der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o im August 2016 zum Befehlshab­er der Seestreitk­räfte und beförderte ihn zwei Jahre später zum Admiral. Loyalität zahlt sich eben aus.

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Foto: imago/Olena Khudiakova Admiral Worontsche­nko fordert, ukrainisch­e Soldaten freizulass­en.

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