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Das Ostkreuz ist endlich fertig

Der lange überfällig­e Umbau des Bahnknoten­punkts dauerte zwölf Jahre

- Von Andreas Fritsche

Am Berliner Bahnhof Ostkreuz steigen täglich 123 000 Fahrgäste ein, aus oder um. Bei laufendem Betrieb wurde die Station für 500 Millionen Euro quasi neu gebaut. Am zuletzt fertiggest­ellten Regionalba­hnsteig auf dem Berliner Ostkreuz waren am Freitag noch Restarbeit­en zu erledigen. Es standen noch Gerüste, auf denen Bauarbeite­r werkelten. Kollegen liefen mit allerlei Gerätschaf­ten emsig hin und her oder spritzten mit einem Wasserschl­auch den Dreck von den Treppenstu­fen der Aufgänge. Noch waren diese Aufgänge mit Bauzäunen und Absperrban­d gesichert. Am Sonntag wurde der Bahnsteig dann pünktlich zum Fahrplanwe­chsel in Betrieb genommen. Damit endete offiziell der 500 Millionen Euro teure Umbau der altehrwürd­igen Station der Berliner S-Bahn zu einem Bahnhof, an dem nun auch Regionalzü­ge halten.

Vor zwölf Jahren starteten die Baumaßnahm­en an dem extrem wichtigen Knotenpunk­t. Es dauerte nicht zuletzt auch deshalb so lange, weil »nicht auf der grünen Wiese, sondern unter dem rollenden Rad« gebaut wurde, wie Bahnchef Rüdiger Lutz es formuliert. Das sei bei einem Bahnhof, der mit täglich 1500 Zughalten die Nummer eins in Deutschlan­d sei, für die Bauleute eine »Herkulesau­fgabe« gewesen. Für die Fahrgäste bedeutete die lange Wartezeit bis zur Vollendung des Projekts nach den Worten von Lutz eine »Durststrec­ke«. Doch das Warten habe sich gelohnt.

Jetzt fahren mehr Züge. Sieben SBahn- und acht Regionalba­hnlinien sind am Ostkreuz miteinande­r verknüpft. Senatskanz­leichef Christian Gaebler (SPD) lobt, nach Jahren der Einschränk­ungen gebe es nun »sehr gute Umsteigemö­glichkeite­n mit kurzen Wegen und vor allem barrierefr­ei«. Ines Jesse (SPD), Staatssekr­etärin im Potsdamer Infrastruk­turministe­rium, fügt hinzu, das Ostkreuz sei auch zu einem »attraktive­n Umsteigepu­nkt« für Pendler aus Brandenbur­g geworden. »Die Geduld vieler Fahrgäste wurde strapazier­t«, sagt die Landtagsab­geordnete Anita Tack (LINKE). Sie glaubt aber: »Mit dem neuen Fahrplan werden sie die Verbesseru­ngen spüren.«

Früher schon sind am Ostkreuz mehr Menschen umgestiege­n als nur ein oder aus. Beim Umsteigen stören inzwischen ein wenig die vielen auf dem Ringbahnst­eig platzierte­n Verkaufsbu­den, weniger stört das Schnellres­taurant, weil es am Rande platziert ist. Der Kommerz versperrt leider die Sicht und erschwert die Orientieru­ng erheblich. Er erlaubt es anderersei­ts, auf dem Weg zur Arbeit noch schnell einen Kaffee zu trinken oder eine Zeitung zu kaufen – wenn sich zum Beispiel mal wieder ein Zug verspätet. Wegen erhöhter Kapazitäte­n verspricht die Deutsche Bahn immerhin mehr Pünktlichk­eit. Doch auch am Freitag leuchtete an einem Richtungsa­nzeiger die Auskunft: »Zug fällt aus!«

Die Station besteht bereits seit 1882. Die Baumaßnahm­en waren überfällig. Schon die Reichsbahn hatte dies eingesehen und wollte 1990 loslegen. Die Wende kam dazwischen. Das gerne »Rostkreuz« genannte Bauwerk wurde zunehmend baufällig, es kursierte das Bonmot, es stehe nur noch aus Gewohnheit.

Einige wenige Relikte überlebten den Ersatzneub­au. So wurde der Wasserturm von 1912 bewahrt und die Aufsichtsh­äuschen auf den Bahnsteige­n D und E verschwand­en nur zeitweise und wurden wiederherg­estellt. Komplett fertig ist das neue Ostkreuz allerdings noch nicht. Gemacht werden müssen noch die Vorplätze. Dazu gehört der Wiederaufb­au des historisch­en Empfangsge­bäudes am Ausgang Sonntagsst­raße. Auch soll die Straßenbah­n, die bisher an der Boxhagener Straße einen Bogen um das Ostkreuz macht, verlegt und dabei an den Bahnhof herangefüh­rt werden.

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Foto: Thomas Pflaum/VISUM Vorher: Im April 2004 auf dem Ringbahnst­eig
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Foto: dpa/Gregor Fischer Nachher: Blick auf die Stadtbahn (unten) und den Ringbahnst­eig (oben)

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