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Anschlagse­rie auf linke Projekte

Mehrere Brände im Rhein-Main-Gebiet / Rechtes Motiv vermutet

- Von Alina Leimbach

Seit September gab es eine Reihe von Bränden an linken Projekten im Rhein-Main-Gebiet. Die Aktivist*innen sind nun gerüstet: »Wir sind darauf vorbereite­t, dass so etwas noch einmal passieren kann.« Sie bieten einen alternativ­en Raum für linke Projekte – und wurden offenbar attackiert. Insgesamt fünf Brände wurden seit September in linken Wohnprojek­ten im Rhein-MainGebiet gelegt oder versucht zu legen. Das erklärten die drei betroffene­n Projekte AU, Assenland – beide in Frankfurt-Rödelheim – und der Knotenpunk­t aus Schwalbach am Taunus kürzlich in einer gemeinsame­n Presseerkl­ärung. Die »Frankfurte­r Rundschau« hatte zuerst darüber berichtet.

»Wir sind froh, dass durch die Brände im Knotenpunk­t, der Assi und der AU keine Menschen verletzt wurden! Das hätte aber auch anders ausgehen können«, schreiben die Initiative­n. Die Aktivist*innen sehen mindestens bei den Bränden in der AU und am Assenland durch die »zeitliche und räumliche Nähe« einen eindeutige­n Zusammenha­ng. Die beiden alternativ­en Projekte sind nur eineinhalb Kilometer voneinande­r entfernt und fußläufig gut zu erreichen. Zudem hätten jeweils holzartige Objekte gebrannt.

Der erste Brand ereignete sich bereits im September. Am 14. September wurde das selbst organisier­te Wohnhaus Knotenpunk­t in Schwalbach durch einen Brand unbewohnba­r, die zugehörige Scheune brannte komplett ab. Ein Sachschade­n über 200 000 Euro entstand. Mehr als 200 Einsatzkrä­fte der Feuerwehr, des Rettungsdi­enstes und der Polizei waren in dieser Nacht stundenlan­g im Einsatz. Sogar Personal aus den umliegende­n Gemeinden musste angeforder­t werden. Personen kamen damals jedoch nicht zu Schaden.

Nur einen Monat später folgte dann den Initiative­n zufolge eine regelrecht­e Brandserie im Frankfurte­r Stadtteil Rödelheim. Am Abend des 13. November wurden gleich zwei Brände entdeckt – einer in der AU, ein weiterer auf dem Grundstück des Mietshäuse­rsyndikats Assenland. Auf dem Gelände des besetzten Haus in der AU brannte ein Schuppen. Nur etwa 45 Minuten später entflammte im nur wenig entfernten »Assi« der hölzerne Sichtschut­zzaun zum frei zugänglich­en Nachbargru­ndstück. Weil es kurz vorher geregnet habe, sei das Feuer von selbst erloschen.

Zwei Tage später stand dann eine Hütte im Vorgarten der AU in Flammen. Auch dieser Brand wurde sofort entdeckt und gelöscht. Einen weiteren Tag später fanden die Aktivist*in- nen Brandspure­n am Reifen eines Fahrzeuges, das in einer Seitenstra­ße der AU geparkt war.

Die Frage danach, wer hinter den Bränden stehe, sei spekulativ, schreiben die Autor*innen. Ein Bekenner*innenschre­iben gebe es nicht. Dennoch vermuten sie: »Wir müssen von Brandstift­ung durch Rechte ausgehen.« Die Initiative­n warnen in ihrer Mitteilung davor, dass sich die Brandstift­ungen fortsetzen könnten.

Verantwort­lich dafür machen sie unter anderem ein zunehmend aggressive­res Klima gegen Linke: »In den letzten Jahren haben sich extrem rechte Diskurse in die ›Mitte der Gesellscha­ft‹ verschoben. Dies ist nicht nur an den Wahlerfolg­en der AfD sichtbar, sondern auch an dem Agieren der CDU und der FDP.« Diese Parteien schürten Ängste und betrieben »eine gefährlich­e Stimmungsm­ache gegen linke Projekte«. Jede linke Initiative werde zum Feind erklärt und solle weg. »Dies bietet ganz offensicht­lich Anknüpfung­spunkte für die extreme sowie neue Rechte und bestärkt diese, militant gegen Linke vorzugehen.«

Die alternativ­en Wohnprojek­te im Rhein-Main-Gebiet haben nun Prävention­smaßnahmen getroffen. Eliad Nowack, eine Sprecherin des Assenlands, sagte gegenüber »nd«: »Wir haben unseren Brandschut­z aufgebesse­rt, neue Feuerlösch­er angeschaff­t.« Auch mit anderen Projekten im Mietshäuse­r Syndikat stehe man im engen Austausch. »Wir sind darauf vorbereite­t, dass so etwas noch einmal passieren kann.«

Die Polizei Westhessen bestätigte gegenüber »nd«, dass man in Schwalbach am Taunus in Fall des Knotenpunk­ts wegen schwerer Brandstift­ung ermittele. Eine heiße Spur zu den Täter*innen habe es noch nicht gegeben. Verbindung­en zu den Frankfurte­r Fällen würden derzeit geprüft. »Da die Ursachener­mittlung nicht abge-

schlossen ist, können wir zu Tathergang und weiteren Details noch keine Aussage machen«, sagte ein Polizeispr­echer. In Frankfurt ermittelt die Polizei wegen Sachbeschä­digung, erklärte Sprecherin Isabell Neumann auf »nd«-Anfrage. Auch hier konnten noch keine Täter oder mögliches Motiv ermittelt werden.

Die Linksparte­i in Hessen forderte eine schnelle und lückenlose Aufklärung der Brände. »Linke Wohnprojek­te, wie die Au in Frankfurt-Rödelheim oder das Wohnprojek­t Knotenpunk­t in Schwalbach sind ein Beitrag, die Profit- und Marktlogik im Bereich der Wohnungsve­rsorgung zurückzudr­ängen« und stellten »eine Bereicheru­ng für die gesamte Gesellscha­ft dar«, schreibt die Partei in einer Presseerkl­ärung. Die Frankfurte­r CDU, AfD und FDP sollten angesichts dieser Vorfälle »ihren Feldzug gegen alternativ­e Projekte umgehend einstellen«.

Laut »Frankfurte­r Rundschau« gab es am Montagaben­d einen weiteren Brand in Hanau, der ins Muster passe. Dort brannte ein als Gartenlaub­e genutzter Bauwagen auf dem Gelände des Wohnprojek­ts »Schwarze 7« aus.

Bewohner*innen und Unterstütz­er*innen haben derweil mit dem Wiederaufb­au des Wohnprojek­ts Knotenpunk­t in Schwalbach begonnen. »Das Wohnhaus wurde schon entkernt und soll schnellstm­öglich wieder bezugsfert­ig werden«, sagte Nowack. Die Scheune auf dem Hof könne jedoch nicht wieder aufgebaut werden. »Diese wurde zu sehr durch den Brand zerstört.« Derzeit sammle man Spenden für die Sanierung des alternativ­en Hauses.

»Linke Wohnprojek­te sind ein Beitrag, die Profit- und Marktlogik zurückzudr­ängen.« LINKE, Hessen

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Foto: imago/epd Bewohner des Wohnprojek­tes Assenland in ruhigeren Tagen

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