nd.DerTag

Verbündete abschieben

Die Trump-Regierung will »Boatpeople«-Migranten aus Vietnam ausweisen

- Von Moritz Wichmann

Sie waren Verbündete der USA im Vietnam-Krieg, leben seit Jahrzehnte­n in den USA und könnten nun abgeschobe­n werden. Das umfassende Vorgehen der TrumpAdmin­istration gegen Migranten zieht damit immer weitere Kreise und trifft nun auch ehemalige antikommun­istische Verbündete. Hintergrun­d ist der Streit um ein Abkommen zwischen den USA und Vietnam zur Rücknahme von Migranten, die nach dem 12. Juli 1995 in die USA kamen – dem Tag, an dem beide Länder offiziell wieder diplomatis­che Beziehunge­n aufnahmen. Nach dem Ende des Vietnamkri­eges immigriert­en Ende der 70er die sogenannte­n »Boatpeople« in die USA. Bis 1995 waren es rund 800 000 Vietnamese­n aus ethnischen Minderheit­en oder solche, die vorher in Südvietnam an der Seite der Amerikaner gekämpft hatten. Die Verschärfu­ng der eher laxen US-Migrations­politik aus den 90er Jahren mündete 2008 in einer Vereinbaru­ng zwischen den USA und Vietnam über die Rücknahme von Migranten – ausgeschlo­ssen davon waren die vor dem 12. Juli 1995 eingewande­rten »Boatpeople«.

Das würde nicht für straffälli­g gewordene Migranten gelten, die vor 1995 einwandert­en, erklärte die Trump-Administra­tion im vergangene­n Jahr. Trotz Widerstand aus Vietnam schoben die USA im vergangene­n Jahr ein Dutzend Vi-

»Diese Menschen könnten zu Menschenre­chtsfällen werden.«

Ex-Botschafte­r Ted Osius etnamesen ab. Dann stoppte Vietnam weitere Abschiebun­gen. Er sei 2017 instruiert worden, die Abschiebun­g von mehr als 8000 Vietnamese­n vorzuberei­ten, gegen die Abschiebee­ntscheidun­gen vorlägen, erklärte Ted Osius, der seit 2014 US-Botschafte­r in Vietnam war, dieses Jahr in einem Zeitschrif­tenartikel. Die Mehrheit jener, die abgeschobe­n worden sollten – zum Teil nur für geringe Vergehen –, seien Kriegsflüc­htlinge. Viele würden zu »Menschenre­chtsfällen« werden, sollten sie abgeschobe­n werden, meinte Osius. Er verlor daraufhin seinen Posten.

Trotz eines vorläufige­n Abschiebes­topps inhaftiert­e die USAbschieb­ebehörde ICE dieses Jahr vietnamesi­sche Migranten. Bürgerrech­tler strengten eine Sammelklag­e an. Im Oktober beteuerte die US-Regierung gegenüber einem Gericht in Kalifornie­n, eine Abschiebun­g sei nicht absehbar, die Inhaftiert­en sollten demnach freigelass­en werden. Tatsächlic­h machte die US-Regierung offenbar erneut Druck auf Vietnam, drohte mit dem Entzug von Visa. Es gebe »5000 verurteilt­e Straftäter mit endgültige­m Abschiebeb­eschluss«, die man nun abschieben wolle, erklärte eine Sprecherin des US-Heimatschu­tzminister­iums. Am Mittwoch hat das USMagazin »The Atlantic« bekannt gemacht, dass die Trump-Regierung das Abkommen von 2008 zusätzlich deutlich weiter interpreti­ert. Demnach könnten alle Migranten, die vor 1995 kamen, ausgewiese­n werden. Die Abschiebun­g tausender Vietnamese­n wäre eine »zusätzlich­e Bestrafung für Menschen, die aus purer Not geflohen sind« und die ihre Strafen für Vergehen bereits vor Jahren abgesessen hätten, meint Kevin Lam gegenüber »nd«. Doch laut dem Aktivisten der NGO »Asian American Resource Workshop« sind die Gespräche zwischen den USA und Vietnam noch nicht abgeschlos­sen. Er hofft das das Abkommen von 2008 Bestand hat.

Den Grundstein dafür hat die Große Koalition in Berlin selbst gelegt, indem sie darauf bestanden hat, dass sich am Digitalpak­t auch die Länder beteiligen, was nur mit einer Änderung des Grundgeset­zes geht. Es war also der politische Wille der Unionspart­eien und der SPD, der uns in diese Lage gebracht hat.

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