Massiver Kahlschlag bei der HSH Nordbank
Kurz nach der Privatisierung der einstigen Landesbank setzt der US-Investor erst mal den Rotstift an
In den letzten Jahren wurde die HSH Nordbank auf dem Rücken der Beschäftigten fit für die Privatisierung gemacht. Nun sollen sie noch mehr bluten.
Seit Ende November ist die HSH Nordbank privatisiert. Ab Februar wird die ehemalige Landesbank, die jahrelang in der Krise steckte, mit der Namensänderung in Hamburg Commercial Bank (HCB) auch nach außen hin sichtbar Geschichte sein. Doch ein massiver Stellenabbau ist der Preis für diese Umwandlung. Denn bei den neuen Eigentümern, eine US-Investorengruppe unter der Regie von Cerberus und J.C. Flowers, weht ein anderer Wind als noch bei den alten Eigentümern, Hamburg und Schleswig-Holstein. Rendite um jeden Preis ist nun angesagt.
Die HSH ist 2003 aus der Fusion der Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein hervorgegangen. Nachdem sie zweimal vor dem Ruin gerettet wurde, stellte die EU-Kommission die beiden Länder vor die Wahl: verkaufen oder abwickeln. Im Februar 2018 wurde die Bank dann verkauft. Die endgültige Genehmigung dafür durch die EU und Bankenaufsichten erfolgte Ende November. Hamburg und Schleswig-Holstein kostete die Geschichte mindestens elf Milliarden Euro, was die beide Landeshaushalte noch über Jahre strapazieren wird.
Die Bankenspitze bestätigte auf Mitarbeiterversammlungen an den Standorten Kiel und Hamburg in dieser Woche die schlimmsten Befürchtungen der Beschäftigten. Sie kündigte an, bis Anfang 2021 knapp 800 von derzeit 1710 Stellen streichen zu wollen. Besonders Kiel muss dem- nach bluten. Von derzeit 670 fallen dort 470 Arbeitsplätze weg. Eine Auslagerung des IT-Bereichs gehört ebenfalls zur Agenda. Dabei fällt immer wieder der Name des IT-Spezialisten Wipro mit Sitz in Bangalore in Indien und einer Dependance in Kiel. Bankenchef Stefan Ermisch lässt jedenfalls keinen Zweifel, dass es nicht nur zu betriebsbedingten Kündigungen kommen wird.
Die Führung der HCB drückt beim Stellenabbau aufs Tempo. Bis Ende Februar soll mit der Arbeitnehmerseite bereits ein Interessenausgleich und Sozialplan ausgehandelt sein. Die Betriebsräte der Bank sind entsetzt über den personellen Kahlschlag. Auch für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind die Vorgaben eine Hiobsbotschaft. Aus der Gewerkschaft heißt es, niemand vermag zu sagen, wie in Zukunft mit deutlich weniger Beschäftigten zu- sätzliche Geschäfte abgewickelt werden sollen.
Konzernchef Ermisch will am Standort Hamburg festhalten. Das bisherige HSH-Gebäude in Kiel soll hingegen veräußert werden, ein Umzug in ein viel kleineres Domizil ist beschlossen. Kiel wird damit zu einem Außenposten ohne direkte Kundenkontakte degradiert, der künftig nur noch für nachgelagerte Aufgaben wie die Verwaltung zuständig sein soll.
Am Ende sollen an beiden Standorten insgesamt nur noch rund 930 Vollzeitstellen plus 100 ausgelagerte IT-Angestellte übrig bleiben. Dabei hatte die HSH Nordbank vor zehn Jahren noch 5000 Mitarbeiter. Unter harten Sparvorgaben wurde die Bank für den Verkauf an einen privaten Investor attraktiv gemacht. »Die Beschäftigten, die hart daran gearbeitet haben, den Verkauf überhaupt zu ermöglichen, tragen jetzt die Haupt- last«, erinnert Gesamtbetriebsrat Olaf Behm an die Anstrengungen der vergangenen Jahre. Für Ira Gloe-Semler von ver.di Hamburg zeigt Cerberus nun sein wahres Gesicht. Der US-Investor marschiere mit dem Schwert durch die Bank und versuche, auf dem Rücken der Beschäftigten die Effizienz zu steigern.
Die SPD warf unterdessen Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) am Donnerstag im Kieler Landtag vor, sich nach dem Verkauf der HSH Nordbank »vom Acker gemacht« und die Beschäftigen ihrem Schicksal überlassen zu haben. Entgegen der Erwartung der Sozialdemokraten äußerte sich Günther in der Plenardebatte nicht zum angekündigten Stellenabbau. Von ver.di muss sich der Regierungschef vorwerfen lassen, den Standort Kiel bei den Verkaufsverhandlungen »schmählich im Stich gelassen« zu haben.