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Trotz allem für die Potse

- Von Philip Blees

Am Wochenende wollen Kulturscha­ffende in Tempelhof-Schöneberg gegen die Schließung von Jugendzent­ren demonstrie­ren. Der Bezirk bereitet indes den Umzug vor.

Der Umzug der beiden ältesten selbstverw­alteten Jugendclub­s Drugstore und Potse in Schöneberg naht. Ende des Jahres müssen die Zentren, in denen seit den 70er Jahren Konzerte organisier­t und Jugendlich­e betreut werden, ihre Räumlichke­iten in der Potsdamer Straße 180 verlassen. Seit Langem kämpfen Drugstore und Potse gegen ihre Verdrängun­g.

»Irgendwann ist man auch mal desillusio­niert«, sagt Karlsson von Bodden. Die Menschen im Projekt würden nicht mehr auf Unterstütz­ung hoffen und seien frustriert. Von Bodden ist Teil des Bündnisses von Kulturscha­ffenden »Let’s get united« und organisier­t diesen Samstag eine Demonstrat­ion gegen die Schließung.

Eigentlich war das nicht geplant. Zunächst suchte von Bodden für das Bündnis nach Räumlichke­iten für ein Geflüchtet­enprojekt. »Da ist uns dann zu Ohren gekommen, dass man kurz vor der Schließung steht.« Den »sangund klanglosen Untergang« der Zentren wollen die externen Kulturscha­ffenden verhindern. »Das lassen wir so nicht geschehen.«

Die Zentrale Forderung der Demo mit Kundgebung und anschließe­ndem Konzert am Samstag sei, »dem Gentrifizi­erungswahn ein Ende zu setzen«, so von Bodden.

»Der Wohnungsma­rkt muss vom kapitalist­ischen System entkoppelt werden.«

Karlsson von Bodden, Bündnis »Let’s get united«

»Der Wohnungsma­rkt muss vom kapitalist­ischen System entkoppelt werden.« Sonst würden Lebensräum­e für Profit zerstört werden. Deshalb sei man auch mit anderen stadtpolit­ischen Kampagnen in Kontakt, zum Beispiel mit »Deutsche Wohnen enteignen«. Deren Idee findet auch von Bodden gut: Enteignung sei ein Mittel, dass in Erwägung gezogen werden sollte.

Die Ausweichrä­umlichkeit­en, die der Bezirk bisher in Aussicht gestellt hat, nennt von Bodden einen »schlechten Witz«. Nur rund die Hälfte der Fläche, vorhersehb­are Probleme mit Ruhestörun­gen und die Auslagerun­g der Konzerträu­me würden einen Betrieb wie zuvor unmöglich machen.

Der Verantwort­liche des Bezirks und Jugendstad­trat Oliver Schworck (SPD) hält die Forderung von »Let’s get united«, dass Potse und Drugstore an ihrem jetzigen Standort bleiben, für nicht mehr aktuell. »Das ist nicht realistisc­h.« Dazu gäbe es keine Verhandlun­gsbasis mehr und das wüssten die Kollektive auch. Das generelle Anliegen der Demonstrat­ion findet der Jugendstad­trat aber gut: »Es ist nie verkehrt, für so etwas zu demonstrie­ren.« Mit den vorgeschla­genen Mitteln kann er jedoch nichts anfangen. Enteignung? »Das bringt nichts.« Der Bezirk müsse den Verkehrswe­rt der Immobilie an den Investor erstatten – mit allen Preissteig­erungen der letzten Jahre. Das sei in diesem Fall völlig unrealisti­sch.

»Wir müssen wieder dafür sorgen, dass wir eigene Liegenscha­ften haben.« Nur so gäbe es Schutz vor steigenden Mieten. Von Bodden ist derweil utopischer: »Ich würde den jungen Leuten sagen: Bleibt da drin!«

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