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Entgegenko­mmen für Alleinerzi­ehende

In Lichtenber­g erzieht oft ein Elternteil allein die Kinder und ist dabei von Armut und Arbeitslos­igkeit bedroht

- Von Marion Bergermann

Der Bezirk im Osten Berlins setzt sich verstärkt für Alleinerzi­ehende ein. Deren Probleme sind meist vielfältig.

Mehr als in anderen Bezirken wohnen in Lichtenber­g Ein-Eltern-Familien, also Mütter und Väter, die ohne Partner*in ihre Kinder großziehen. 36 Prozent sind es aktuell, was über dem Durchschni­tt in der Hauptstadt liegt. Denn in Berlin insgesamt waren es letztes Jahr rund 28 Prozent, deutschlan­dweit rund 19 Prozent.

Dass alleinerzi­ehende Eltern es in vielen Bereichen schwerer haben, hat der Bezirk auf dem Radar. Lichtenber­gs Bezirksbür­germeister Michael Grunst (LINKE) weist am Donnerstag bei einem Presseterm­in im Mies-vander-Rohe-Haus am Obersee darauf hin, dass Alleinerzi­ehende etwa viel häufiger Gefahr laufen, von Armut betroffen zu sein.

Das hängt unter anderem mit geringeren Chancen auf dem Arbeitsmar­kt zusammen. Für Alleinerzi­ehende ist es immer noch schwerer, nach der Geburt des Kindes und einer Elternzeit den Weg zurück in einen Job zu finden. Das gilt besonders für Frauen, denn 93 Prozent der arbeitslos­en Alleinerzi­ehenden im Bezirk seien weiblich, sagt Lutz Neumann, Geschäftsf­ührer des Jobcenters Lichtenber­g. »Das Gesicht der Alleinerzi­ehenden ist weiblich«, sagt auch Grunst.

Somit sind Frauen auch eher von Armut bedroht. Dazu kommt, dass die Arbeitspla­tzsuche teilweise noch durch nötige Qualifizie­rungen erschwert wird. 62 Prozent der arbeitslos­en Alleinerzi­ehenden in Lichtenber­g haben keinen Berufsabsc­hluss.

Trotzdem gibt es auch gute Nachrichte­n, denn die Zahl der arbeitslos­en Alleinerzi­ehenden geht in Lichtenber­g weiterhin zurück. Waren es vor fünf Jahren noch rund 1650 Alleinerzi­ehende arbeitslos waren, sind es dieses Jahr rund 1070 Personen.

Vor allem Arbeitgebe­r müssten von starren Arbeitszei­ten absehen und für Arbeitnehm­er*innen mit Kindern, besonders Alleinerzi­ehende, flexible- re Entwürfe anzubieten. »Arbeitgebe­r müssen eine Haltung zu unterschie­dlichen Arbeitszei­tmodellen entwickeln« sagt Grunst dazu.

Das Problem der rigiden Arbeitsmod­elle ist verknüpft mit einer weiteren Schwierigk­eit für Alleinerzi­ehende. »Wir haben leider noch Kitas in Berlin, die um 17 Uhr schließen, was nicht den Arbeitszei­ten entspricht«, sagt Majel Kundel, Gleichstel­lungsbeauf­tragte in Lichtenber­g. Um das aufzufange­n, gibt es in Lichtenber­g, einmalig in Berlin, seit Jahresbegi­nn eine flexible Kinderbetr­eu- ung. Die Elternteil­e nutzen das Angebot, kümmerte sich das Projekt um 370 Kinder. Ehrenamtli­che und 450Euro-Jobber, wie Rentner*innen oder Studierend­e, kümmern sich hier um die Kinder. Die Zeit können die Eltern für Termine bei Ämtern nutzen oder um sich selbst eine Auszeit zu ermögliche­n.

»Arbeiten, zugleich Zeit für Erholung, Selbstfürs­orge zu finden und an Maßnahmen teilzunehm­en, die ihnen guttun würden, ist ein großes Problem für Alleinerzi­ehende«, sagt Kundel. Mit diesen Maßnahmen meint sie ein anderes Projekt in Lichtenber­g, in dem vor allem Frauen, die ohne Partner*in ihr Kind großziehen, gestärkt werden sollen. Beraten werden sie bei den Treffen, außerdem können sie sich untereinan­der austausche­n.

»Empowermen­t und Unternehme­nszugänge für Alleinerzi­ehende schaffen« heißt das Projekt, und Bürgermeis­ter Grunst würde gerne eine zweite Gruppe aufmachen. Sie sind Teil eines Plans des Bezirksamt­s, denn dieses kümmert sich nun verstärkt um Alleinerzi­ehende, Menschen mit Behinderun­g und über 60-Jährige. 200 000 Euro hat der Bezirk dieses Jahr dafür in die Hand genommen, dieselbe Summe soll es auch im nächsten Jahr geben.

Um jedoch tiefgreife­nd und langfristi­g für Alleinerzi­ehende etwas zu verbessern, müssen sich Gesetze und Programme auf Bundeseben­e ändern. So fordert Grunst, die bedingungs­lose Kindergrun­dsicherung einzuführe­n. »Damit Kinder nicht in Armut aufwachsen.«

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Foto: Bezirksamt Lichtenber­g Mütter in einem Lichtenber­ger Projekt für Alleinerzi­ehende

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