Die Z-Frage ist wieder da
Die gescheiterte Fusion Eisenachs mit dem Wartburgkreis stellt die Frage von Zwangsreformen neu
Sie galt als der letzte mögliche Zusammenschluss zweier Kommunen auf Kreisebene in Thüringen in dieser rot-rot-grünen Legislaturperiode: die Fusion von Eisenach mit dem Wartburgkreis. Nun ist sie geplatzt.
Etwa sechs Jahre lang war die Rückkehr von Eisenach in den Wartburgkreis vorbereitet worden. Es wurde beantragt, verhandelt, nachverhandelt, abgestimmt, nachverhandelt, abgewogen, nachverhandelt, appelliert, gemahnt, beschwichtigt, noch mehr appelliert und nachverhandelt – und all das war am Ende doch erfolglos. Seit wenigen Tagen ist klar, dass es die seit 2012 vorbereitete Fusion der beiden Kommunen in Thüringen nicht geben wird. Im Stadtrat von Eisenach hatte es bei einer Abstimmung am Dienstagabend keine Mehrheit für die Zustimmung zu dem sogenannten Zukunftsvertrag gegeben, der zwischen Eisenach und dem Wartburgkreis verhandelt worden war. Das entsprechende Gesetz hat Rot-Rot-Grün daraufhin von der Tagesordnung des Landtages genommen, wo es eigentlich am Donnerstag hatte abschließend beraten werden sollen.
Nun wehren sich Vertreter des rotrot-grünen Bündnisses in Thüringen gegen den Eindruck, sie stünden damit endgültig vor dem riesigen Scherbenhaufen einer Kreisgebietsreform, die Linke, SPD und Grüne am Anfang dieser Legislaturperiode unbedingt wollten und die sie – damals jedenfalls noch – auch gegen alle Widerstände durchzusetzen bereit waren.
Was diesen Eindruck begünstigt: Der Zusammenschluss von Eisenach und dem Wartburgkreis galt zuletzt als die letzte noch mögliche Fusion von zwei Kommunen auf Kreisebene, die in dieser Legislaturperiode überhaupt noch hätte gelingen können. Und das, nachdem Rot-RotGrün mit seinen Plänen für eine große Kreisgebietsreform gescheitert war. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hatte im Sommer 2017 ein für die Reform wichtiges Gesetz gekippt; aus rein formalen Gründen, was für Rot-Rot-Grün besonders bitter ist, weil in der Urteilsbegründung ausführlich nachzulesen ist, dass die Richter an der Gebietsreform selbst nichts auszusetzen hatten. Im Gegenteil. Auch wenn die oppositionelle Thüringer CDU diesen Teil des Urteils in ihrer Argumentation gegen eine Gebietsreform im Freistaat gerne ausblendet.
Nun jedenfalls sind Vertreter von LINKE, SPD und Grünen auffällig oft bemüht, das Aus für die Fusion zwischen Eisenach und dem Wartburgkreis als eine lokale Sache hinzustellen, die rein lokal entschieden worden sei und nichts mit dem Land zu tun habe, das mehr als 40 Millionen Euro für diesen Zusammenschluss ausgeben wollte. Auch wenn die Entscheidung des Stadtrates von Eisenach in den Reihen von Rot-RotGrün immer wieder offen mit Worten wie »Enttäuschung« und »Unverständnis« kommentiert wird. So weit gehen Vertreter der Koalition inzwischen sogar, dass sie sagen, aus ihrer Sicht sei das weitere Zusammenwachsen der Region noch nicht endgültig gescheitert. »Die Ableh- nung des Zusammenschlusses heißt nicht, dass es nicht in naher Zukunft einen neuen Anlauf geben kann«, sagt beispielsweise der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Matthias Hey. Der kommunalpolitische Sprecher der LINKEN, Frank Kuschel, sagt, die Chancen zur Stärkung der Gesamtregion seien nun zwar zunächst vertan. »Der Fusionsprozess ist aber nicht endgültig gescheitert.«
Trotzdem gibt es bislang keine konkreten Pläne, wie die Fusion weiter verfolgt werden sollte; ganz zu schweigen davon, dass das politische Klima dazu derzeit völlig ungeeignet scheint.
Dafür belebt nun die gescheiterte Rückeinkreisung von Eisenach die ZFrage wieder neu, die seit Monaten die Debatte um die Gebietsreform in Thüringen begleitet. Die lautet: Kann man eine solche Reform wirklich nach dem Prinzip der Freiwilligkeit durchziehen oder geht eine solche Reform nur mit Zwang? Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) und Innenminister Georg Maier (SPD) hatten erst kürzlich ausgeschlossen, dass es mit ihnen zu Zwangsfusionen kommen werde.
Dagegen betont Thüringens Innenstaatssekretär Uwe Höhn (SPD) nun, die gescheiterte Fusion werde seiner Ansicht nach dazu führen, dass im Freistaat erneut darüber diskutiert werden müsse, ob es nicht doch eine Gebietsreform unter Zwang geben muss. »Es steht in der Verantwortung künftiger Landesregierungen, diese Frage neu zu erörtern«, sagt Höhn. Andere Landespolitiker von Rot-Rot-Grün äußerten sich ähnlich, auch wenn sie sich mit solchen Sätzen nicht zitieren lassen wollten.
Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (LINKE), dagegen sagt: »Die Landesregierung sieht durch die lokale Entscheidung Eisenachs keine Veranlassung, vom Prinzip der Freiwilligkeit abzuweichen.«
So, wie die gescheiterte Fusion der beiden Kommunen also einen jahrelangen Vorlauf hatte, dürfte sie ein jahrlanges Nachspiel haben.