Gefährdete Vorteile
Bereits 4500 Flüchtlinge im Bundesstaat Rakhine
Myanmar droht der Entzug von EU-Handelsprivilegien.
So richtig kochte das neue Problem zu Jahresanfang auf, obwohl schon im vergangenen September die Bewohner der Region gegenüber Reportern von den schlimmsten Gefechten gesprochen haben, die sie bisher erlebten. Am 4. Januar überfielen in den frühen Morgenstunden Einheiten der Rebellengruppe Arakan Army (AA) vier Grenzposten im Bundesstaat Rakhine. Mit der Operation habe man darauf reagiert, dass die Grenzpolizei zunehmend direkt mit dem Militär kooperiere, sagte U Khine Thuka, der Sprecher der Rebellen, später gegenüber dem Nachrichtenportal Irrawaddy. Seit Anfang Dezember haben die verstärkten Kämpfe zwischen der AA und Einheiten der Armee nach jüngsten Angaben aus Myanmar rund 4500 Bewohner aus vier Siedlungsverbänden zur Flucht veranlasst. Derzeit laufen für sie Hilfsmaßnahmen an.
In einem in dieser Hinsicht außergewöhnlichen Treffen hat Aung Sang Suu Kyi, De-facto-Regierungschefin des südostasiatischen Landes, drei Tage nach den Angriff auf die Grenzposten die Lage mit Armeechef General Min Aung Hlaing erörtert. Beide sollen sich einig gewesen sein, dass hart gegen die Rebellen vorgegangen werden müsse.
Anders als die Rohingya, die als Muslime eine Sonderstellung einnehmen und bereits seit Jahrzehnten diskriminiert und als »illegale Bengalen« bezeichnet werden, obwohl sie seit mehreren Generationen im Land leben, handelt es sich bei den Rakhine um die Titularethnie des Gebietes, deren Vertreter wie die meisten anderen Ethnien Myanmars dem buddhistischen Glauben angehören. Die Arakan Army, eine von mehr als einem Dutzend Rebellengruppen landesweit, fordert für die Region eine größere Autonomie bis hin zu weitgehender Selbstverwaltung. Dies hat der AA-Oberkommandierende, Generalmajor Tun Myat Naing, am 11. Januar gegenüber Irrawaddy-Reportern bekräftigt. »Wir denken, dass eine Konföderation den Bedürfnissen Rakhines mit Blick auf die Geschichte und die Wünsche der Bewohner die bessere Lösung wäre«, wird der Rebellenchef zitiert.
Damit befindet sich die AA im Einklang mit der FPNCC, einem von der United Wa State Army angeführten Dachverband von sieben Rebellengruppen im Nordwesten des Landes. Diese hatten kürzlich einen 15 Punkte umfassenden Forderungskatalog vorgestellt, wonach den Teilstaaten unter anderem eigene Gesetzgebungskompetenzen, Steuererhebungen und Lizenzvergaben für die Rohstoffförderung zugestanden werden sollen. Gerade der Rakhine-Staat ist reich an natürlichen Ressourcen, ohne dass die lokale Bevölkerung davon bisher in nennenswerter Weise profitiert hat. Zugleich ist der Rückstau bei Investitionen in die Infrastruktur teilweise besonders groß, und angeschobene staatliche Projekte kommen kaum von der Stelle.