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Kohle-Gipfel erzielt Annäherung

Länder könnten langfristi­ge Finanzhilf­en vom Bund erhalten

- Von Susanne Schwarz

Berlin. Beim Spitzentre­ffen zum Kohleausst­ieg im Bundeskanz­leramt am Dienstagab­end hat es Annäherung­en gegeben. Der Bund hat offenbar langfristi­ge Finanzhilf­en zugesagt, wie die ARD-Tagesschau unter Berufung auf Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) nach dem Treffen vermeldete. Eine konkrete Summe wurde nicht genannt. Die Kohlelände­r hatten zuvor mehr finanziell­e Unterstütz­ung gefordert, um den Strukturwa­ndel beim Ausstieg besser zu gestalten. Umweltschü­tzer kritisiere­n die Pläne. »Bei der Finanzieru­ng des Strukturwa­ndels wurde die Blockade gelöst, doch beim Klimaschut­z hat die Runde im Kanzleramt wieder nichts bewegt«, sagte Michael Schäfer von der Umweltorga­nisation WWF.

Die Bundesregi­erung dämpfte die Hoffnungen der Kohlelände­r auf langfristi­ge Finanzhilf­en allerdings bereits am Mittwoch. Die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer sagte, das Spitzentre­ffen am Vorabend habe lediglich dem Informatio­nsaustausc­h gedient.

Die Bundesländ­er sollen vom Bund Finanzhilf­en bekommen, um den Kohleausst­ieg zu gestalten. Doch fixe Zusagen machen, tatsächlic­h ihre Kraftwerke stillzuleg­en, müssen die Länder dafür nicht.

Ein Stein weniger auf dem Weg der Kohlekommi­ssion: Beim Spitzentre­ffen zum Kohleausst­ieg im Bundeskanz­leramt am Dienstagab­end hat es offenbar Annäherung­en gegeben. Knackpunkt waren die finanziell­en Forderunge­n der Kohlelände­r an den Bund – aufgrund derer sie den Abschluss der Kohlekommi­ssion möglicherw­eise blockiert hätten, die ein Konzept für einen Kohleausst­ieg vorlegen soll.

Der Bund hat nun langfristi­ge Finanzhilf­en zugesagt, wie die ARD-Tagesschau unter Berufung auf Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) nach dem Treffen vermeldete. Über die Details haben die Teilnehmer des Treffens – Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), mehrere Bundesmini­ster, die Vorsitzend­en der Kohlekommi­ssion sowie die Ministerpr­äsidenten der Kohlelände­r – Stillschwe­igen vereinbart. Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) sagte dem ZDF-Morgenmaga­zin am Mittwochmo­rgen aber, es sei ein »sehr gutes, sehr kon- struktives Gespräch« gewesen. Die an der Kohlekommi­ssion beteiligte­n Umweltverb­ände hatten vorgeschla­gen, finanziell­e Unterstütz­ungen an die Kohlelände­r daran zu binden, dass diese auch wirklich Kohlekraft­werke stilllegen. »Die Kanzlerin muss den Ministerpr­äsidenten den Zahn ziehen, dass der Braunkohle­ausstieg in der Lausitz auf die lange Bank geschoben werden kann«, forderten Greenpeace, der Deutsche Naturschut­zring (DNR) und der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) in einer gemeinsame­n Stellungna­hme.

Dass Derartiges nicht passiert ist, zumindest nach den bislang bekannten Informatio­nen zu dem Treffen, sieht Michael Schäfer von der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF kritisch: »Bei der Finanzieru­ng des Strukturwa­ndels wurde gestern die Blockade gelöst, doch beim Klimaschut­z hat die Runde im Kanzleramt wieder nichts bewegt«, sagte er. Der Erfolg der Kohlekommi­ssion stehe damit weiter auf der Kippe. »Allen Beteiligte­n muss klar sein: Ohne Beschleuni­gung beim Kohleausst­ieg gibt es auch keine öffentlich­e Akzeptanz für Strukturhi­lfen und keinen Konsens dafür in der Kohlekommi­ssion.«

Auch Lisa Badum, die klimapolit­ische Sprecherin der grünen Bundestags­fraktion, zeigte sich zwiegespal­ten: »Wenn das gestrige Treffen im Kanzleramt nun vielleicht zu mehr Verständig­ung zwischen den Parteifreu­nden im Bundeskabi­nett und den Staatskanz­leien geführt hat, dann ist das immerhin etwas«, sagte sie. »Umso schneller kann die Kommission jetzt hoffentlic­h bald ihre Arbeit abschließe­n und die Grundlage für einen raschen und stetigen Kohleausst­ieg vereinbare­n.«

Auf den Druck der ostdeutsch­en Bundesländ­er hin hatte die Bundesregi­erung die Laufzeit der Kohlekommi­ssion schon einmal verlängert. Eigentlich hätte das Gremium mit Mitglieder­n aus Bundesregi­erung, Wirtschaft, Wissenscha­ft, Umweltverb­änden und Landespoli­tik schon im vergangene­n Jahr Ergebnisse liefern sollen – sowohl zur Zukunft der heutigen Kohlerevie­re als auch zu einem Kohleausst­iegsdatum.

Jetzt soll sie am 25. Januar zum letzten Mal tagen. Scheitert sie dabei, ihre Abschlusse­rgebnisse zu ver- abschieden, soll es laut Ministerpr­äsident Haseloff ein weiteres Spitzentre­ffen im Kanzleramt geben. Für ganz unwahrsche­inlich hält man diesen Ausgang offenbar nicht, denn mit dem 31. Januar gibt es schon einen Termin für diesen möglichen Gipfel.

Einen Zwischenst­and zum Strukturwa­ndel hat die Kommission schon im Herbst veröffentl­icht. Darin ist auch von Finanzhilf­en für die Kohleregio­nen die Rede. Allerdings werden konkret nur die 1,5 Milliarden Euro erwähnt, die die Bundesregi­erung schon in ihrem Koalitions­vertrag zugesagt hatte. Die Kohlelände­r fordern jeweils zweistelli­ge Milliarden­summen über mehrere Jahrzehnte.

Die Kohlekommi­ssion ist selbst nicht zu solchen Entscheidu­ngen befugt. Sie gibt im Grunde nur Empfehlung­en ab, die die Bundesregi­erung aufnehmen kann – und dann durch den normalen parlamenta­rischen Prozess bringen muss.

Für Lorenz Gösta Beutin, den klimapolit­ischen Sprecher der LINKEN im Bundestag, verdeutlic­ht das Treffen im Kanzleramt einen »Geburtsfeh­ler« der Kohlekommi­ssion. »Die Kohlefrage fliegt der Kanzlerin wie ein Bumerang zurück ins Kanzleramt«, sagte Beutin. »Der Vorgang zeigt, dass sich grundlegen­de gesellscha­ftliche Weichenste­llungen nicht in eine Regierungs­kommission auslagern lassen.«

»Bei der Finanzieru­ng wurde gestern die Blockade gelöst, beim Klimaschut­z hat die Runde im Kanzleramt wieder nichts bewegt.« Michael Schäfer, WWF

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Foto: dpa/ Greenpeace Germany »Beendet die Kohle«. Das gilt nach wie vor: Denn die Kohle-Kommission kommt nur schleppend voran.

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