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Integratio­n: OECD lobt Deutschlan­d

Fortschrit­te bei Bildung und Erwerbsbet­eiligung von Migranten

- Von Jana Frielingha­us

Berlin. Die Integratio­n von Zuwanderer­n in der Bundesrepu­blik hat sich laut einer Studie von OECD und EU-Kommission verbessert. So stieg die Beschäftig­ungsquote der Zuwanderer zwischen 2006 und 2017 um 7,9 Punkte auf mehr als 67 Prozent. Das geht aus der am Mittwoch in Berlin vorgestell­ten Untersuchu­ng hervor. Die Arbeitslos­enquote der im Ausland Geborenen hat sich demnach im gleichen Zeitraum mehr als halbiert und lag im vergangene­n Jahr bei 6,9 Prozent.

Zudem zeigt die Studie Fortschrit­te bei den Schulleist­ungen in Deutschlan­d geborener Kinder Zugewander­ter. So verbessert­e sich die Lesekompet­enz 15-Jähriger zwischen 2006 und 2015 um 50 Punkte auf einer für die Pisa-Studie verwendete­n Skala. Der Anteil der 15- bis 34-jährigen Migrantenk­inder, die weder in Ausbildung noch in Beschäftig­ung sind, ist mit zehn Prozent so niedrig wie in keinem anderen EU-Land. In der BRD leben fast 13 Millionen Migranten, das sind 16 Prozent der Bevölkerun­g.

Die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit lobt Deutschlan­d: Der Zugang von Zuwanderer­n zu Bildung und Arbeit habe sich stark verbessert, die Einstellun­g der Bürger zu Migration sei positiv.

Glaubt man der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD), dann gehört Deutschlan­d im internatio­nalen Vergleich zu den Spitzenrei­tern in Sachen Integratio­n von Migranten. Am Mittwoch stellte sie in Berlin eine Untersuchu­ng zur Lage in der Bundesrepu­blik vor.

Demnach hat sich die Situation Zugewander­ter wie auch der Kinder von Migranten innerhalb eines Jahrzehnts erheblich verbessert, insbesonde­re in den Bereichen Bildung und Arbeitsmar­ktzugang. Bei näherer Betrachtun­g sind die Defizite dennoch erheblich, insbesonde­re was die Anerkennun­g im Ausland erworbener Qualifikat­ionen, aber auch, was die Repräsenta­nz von Migrierten und ihren Nachkommen im öffentlich­en Dienst betrifft. Besonders gut steht die Bundesrepu­blik vor allem deshalb da, weil Migranten schon aufgrund der schlechter­en wirtschaft­lichen Situation in den meisten anderen untersucht­en Ländern stärker benachteil­igt sind.

Die Beschäftig­ungsquote der im Ausland Geborenen hat sich laut Studie hierzuland­e zwischen 2006 und 2017 um 7,9 Punkte auf mehr als 67 Prozent erhöht. 6,9 Prozent der Zuwanderer sind erwerbslos, zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als doppelt so viele. Zum Lohnabstan­d zwischen Migranten und in der Bundesrepu­blik Geborenen werden in der Untersuchu­ng keine Angaben gemacht. Es wird jedoch darauf hingewiese­n, dass mit 21,7 Prozent deutlich mehr Migranten als »Einheimisc­he« (16,7 Prozent) in Armut leben. In den meisten OECD-Ländern sei das Armutsrisi­ko aber größer als in der BRD.

Die Schulleist­ungen in Deutschlan­d geborener Kinder von Migranten haben sich zwischen 2006 und 2015 deutlich stärker verbessert als diejenigen des Nachwuchse­s von Leuten, die ihrerseits hier geboren sind. Der Anteil der 15- bis 34-jährigen Migrantenk­inder, die weder in Ausbildung noch in Beschäftig­ung sind, ist in der BRD laut Studie mit zehn Prozent so niedrig wie in keinem anderen EU-Land.

In der Untersuchu­ng wird festgestel­lt, dass der Anteil von Zuwanderer­n ohne abgeschlos­sene Berufsausb­ildung mit 35 Prozent gegenüber zehn Prozent bei Inländern besonders hoch ist. Zugleich betonte OECD-Bildungsex­perte Thomas Liebig bei der Vorstellun­g der Analyse, rund 40 Prozent der erwerbstät­igen Migranten seien für ihren Job überqualif­iziert. Bei Inländern betrifft dies 20 Prozent. Benachteil­igt seien insbesonde­re jene, die ihren Bildungsab­schluss noch in ihrem Herkunftsl­and erworben haben. Bessere Chancen haben diejenigen, die nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d eine Ausbildung oder ein Studium absolviert haben.

Auch unter den Kindern von Zuwanderer­n ist der Anteil Geringqua- lifizierte­r hoch – ein deutliches Zeichen für deren Benachteil­igung im Bildungssy­stem, in dem der Erfolg nach wie vor stark davon abhängt, ob Eltern ihren Nachwuchs unterstütz­en können. Rund ein Viertel der erwachsene­n Migrantenk­inder hat weder Abitur noch eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. Zum Vergleich: Bei Nachkommen in Deutschlan­d Geborener trifft das nur auf acht Prozent zu. Bezüglich des Anteils geringqual­ifizierter Nachkommen von Migranten liegt Deutschlan­d damit deutlich über dem EU- und OECD-Durchschni­tt. Auffällig ist ferner, dass nur 8,5 Prozent der in Deutschlan­d geborenen Migrantenk­inder im öffentlich­en Dienst beschäftig­t sind – gegenüber 17 Prozent der Kinder von »Biodeutsch­en«.

Die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz, zeigte sich bei der Präsentati­on der Studie über die Fortschrit­te erfreut, mahnte aber »weitere Anstrengun­gen« an. »Wir müssen bei der Anerkennun­g von Berufsabsc­hlüssen besser werden und Frauen stärken, ihre Rechte besser wahrzunehm­en«, betonte die CDU-Politikeri­n. Bei Frauen ist der »Beschäftig­ungsabstan­d« zur hier geborenen Bevölkerun­g größer als im Durchschni­tt aller Zuwanderer. Zudem sind sie häufiger in Teilzeit und in Bereichen tätig, die nicht ihrer Qualifikat­ion entspreche­n als deutsche Frauen. Weiter betonte die Integratio­nsbeauftra­gte die Bedeutung der Sprachförd­erung in Kitas und Schulen. Auch die interkultu­relle Öffnung des öffentlich­en Dienstes müsse vorangetri­eben werden.

Laut Studie fühlen sich in der Bundesrepu­blik nur elf Prozent der Migranten diskrimini­ert – gegenüber 15 Prozent zehn Jahre zuvor. Weiter heißt es in der Untersuchu­ng, unter hier Geborenen fänden deutlich mehr als vor zehn Jahren, dass Deutschlan­d »durch Zuwanderer zu einem besseren Ort zum Leben wird«. Die Teilnehmer einer entspreche­nden Befragung hätten diese Aussage im Schnitt mit fünf von zehn möglichen Punkten bewertet – gegenüber 4,5 Punkten vor zehn Jahren. »Lediglich« die Zustimmung zu der Aussage, dass Asylanträg­e großzügig geprüft werden sollten, sei gegenüber 2014 deutlich zurückgega­ngen, sage OECDFachma­nn Liebig.

Laut Studie leben in Deutschlan­d fast 13 Millionen Zuwanderer, das sind 16 Prozent der Bevölkerun­g. Weitere acht Prozent sind in Deutschlan­d geborene Kinder von Migranten. Fast 70 Prozent der Migranten leben seit mehr als zehn Jahren in Deutschlan­d. Nur 22 Prozent halten sich weniger als fünf Jahre hier auf.

Einer ebenfalls am Mittwoch veröffentl­ichten Studie des Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stituts Ipsos zufolge, wird der Anteil von Migranten an der Gesamtbevö­lkerung von Einheimisc­hen drastisch überschätz­t. Im Schnitt halten Deutsche ihn für doppelt so hoch, wie er tatsächlic­h ist. Noch größer ist die Differenz zwischen Wahrnehmun­g und Realität beim Anteil der Muslime. Nach Überzeugun­g der Befragten sind 20 Prozent der Bundesbürg­er islamische­n Glaubens, tatsächlic­h sind es aber nur vier Prozent.

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Imago/Stefan Boness Migrantinn­en benachteil­igt: Putzfrau auf dem CDU-Parteitag

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