Die Hälfte der Mandate für Frauen
Der Deutsche Frauenrat startet eine Kampagne für ein Gesetz zur Parität in politischen Gremien
Seit 100 Jahren dürfen in Deutschland Frauen wählen und gewählt werden. Jetzt geht es um eine stärkere politische Teilhabe von Frauen.
Justizministerin Katarina Barley fordert es, Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) will es auch, selbst CDU-Kanzlerin Angela Merkel zeigt sich aufgeschlossen für ein Paritätswahlgesetz. Die sogenannte Parité stellt ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in politischen Gremien sicher – und ist nötiger denn je: Der Frauenanteil im Bundestag beträgt nicht einmal 31 Prozent, so wenig wie zuletzt vor 20 Jahren. In den Landesparlamenten finden sich durchschnittlich 31,5 Prozent Frauen, in den Kommunalparlamenten sind es nur 25 Prozent.
Das will der Deutsche Frauenrat (DF), Dachverband von 60 Frauenverbänden mit zwölf Millionen Mitgliedern, nicht mehr hinnehmen – und startet am Donnerstag eine groß angelegte Kampagne für ein Paritätswahlrecht. »Wir fordern die in den Parlamenten vertretenen Parteien auf, im Rahmen von Wahlrechtsreformen sicherzustellen, dass Männer und Frauen je zur Hälfte die Mandate in den Parlamenten innehaben«, heißt es in dem Aufruf, der von zahlreichen Prominenten unterschrieben worden ist. Darunter die Ex-Frauenministerinnen Christine Bergmann, Renate Schmidt (beide SPD) und Rita Süssmuth (CDU), die ExStaatsministerin im Auswärtigen Amt Cornelia Pieper (FDP) und die Chefin der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung Ursula Männle.
»Die Zeit ist reif für die Parité«, sagt DF-Chefin Mona Küppers: »Der Bundestag ist mehrheitlich alt, weiß, männlich und christlich besetzt. Das muss sich ändern.« Und das lässt sich ändern. Indem im Zuge einer Wahlrechtsreform, über die seit einem Jahr debattiert wird, nicht nur der Bundestag verkleinert wird, sondern auch geschlechterquotierte Wahllisten zur Pflicht gemacht werden. Die Wege zur Parité sind vielfältig. So könnten Wahllisten im Reißverschlussverfahren mit der gleichen Anzahl von Frauen und Männern besetzt werden. Sind diese nicht quotiert, werden sie nicht zur Wahl zugelassen. Für die Direktmandate könnten Parteien sogenannte Tandems aus jeweils einer Frau und einem Mann vorschlagen, Bürger*innen könnten dann entweder das Duo oder die Kandidat*innen einzeln wählen.
Eine solche Wahlrechtsänderung sei längst keine ausschließ- lich juristische Frage mehr, sondern »eine politische Entscheidung«, sagt Elke Ferner, DF-Mitglied, frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium und langjährige Chefin der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen.
Dass Parität machbar ist, zeigt Frankreich. Dort müssen seit 2001 die Kandidatenlisten quotiert sein, sonst werden sie zur Wahl nicht zugelassen. Auf diese Weise stieg der Frauenanteil in der Nationalversammlung auf 39 Prozent.
In Deutschland könnte Brandenburg das erste Bundesland mit einer Parität sein. Bei allen Fraktionen, außer der AfD, findet ein entsprechender im März 2018 in den Landtag eingebrachter Gesetzentwurf Zuspruch. »Wir gehen davon aus, dass die Parität kommt«, sagt Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. Die rot-rote Landesregierung hat Zustimmung signalisiert, im März wird über das Papier abgestimmt.
»Die Zeit ist reif für die Parité.« Mona Küppers, Deutscher Frauenrat