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LINKE will Nazifestiv­als verhindern

König-Preuss fordert Grundsatze­ntscheidun­g

- Von Sebastian Bähr

Anfang Oktober 2018. Nachdem ihr ursprüngli­ch geplantes Festival im thüringisc­hen Magdala verboten wurde, ziehen rund 800 Neonazis zum Marktplatz von Apolda, dem bereits zuvor organisier­ten Ausweichor­t. Hier soll nun »Rock gegen Überfremdu­ng 3« gefeiert werden, Tickets gab es in rechten Onlineshop­s für 35 Euro. Als es dunkel wird, spielt eine Band auf dem Marktplatz das Lied »Ruhm & Ehre«, Teilnehmer zeigen den Hitlergruß, der Mob attackiert die Polizei mit Flaschen. Der Mitorganis­ator Marcel Z. trägt ein Tattoo der Auschwitzt­ore auf seinem Rücken. Das Resultat des Abends: Acht Beamte wurden verletzt, die Polizei registrier­te in 62 Fällen rechts-motivierte Straftaten.

Das Pikante: Die Neonazis hatten das Treffen in Apolda ähnlich wie zuvor im thüringisc­hen Magdala, in Themar oder im sächsische­n Ostritz nicht als kommerziel­le Veranstalt­ung, sondern als politische Versammlun­g angemeldet. Formal unterstand­en sie damit dem Schutz des Grundgeset­zes, ein Verbot unterlag hohen Hürden. Mehrere Auflagen der Behörden wurden vom Oberverwal­tungsgeric­ht aufgehoben.

Die thüringisc­he Linksparte­iAbgeordne­te Katharina KönigPreus­s sucht nach Wegen, gegen diese Anmeldepra­xis vorzugehen. Hilfreich wäre dafür aus Sicht der Politikeri­n eine Grundsatze­ntscheidun­g. »Ich hoffe, dass irgend-

»Ich hoffe, dass eine Versammlun­gsbehörde bis vor das Bundesverw­altungsger­icht geht.« Katharina König-Preuss, Die LINKE Thüringen

wann eine Versammlun­gsbehörde den Weg bis vor das Bundesverw­altungsger­icht geht, damit geklärt wird, ob diese Konzerte vom Versammlun­gsrecht gedeckt sind oder nicht«, erklärte König-Preuss jüngst gegenüber Medien. Sollte auch eine Grundsatze­ntscheidun­g keine Verbotsmög­lichkeit schaffen, plädierte die Abgeordnet­e für eine Debatte darüber, wie solche Konzerte trotzdem verhindert oder erschwert werden können.

Inwiefern Neonazi-Festivals als Veranstalt­ung oder Versammlun­g zu gelten haben, ist juristisch nicht endgültig geklärt. In der Rechtsspre­chung gelten sie als sogenannte gemischte Veranstalt­ungen mit »kommunikat­iven« und »unterhalte­nden« Elementen. Das thüringisc­he Innenminis­terium berief sich in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von König-Preuss von Dezember 2018 darauf, dass in der gängigen Rechtsspre­chung Musikbeitr­äge überwiegen­d als »kommunikat­ive« Mittel gedeutet werden. Auch Eintrittsg­elder würden den Versammlun­gscharakte­r nicht ohne Weiteres entfallen lassen.

»Ob es hier einer Verschärfu­ng der Gesetze bedarf, ist fraglich«, warnte die Mobile Beratung in Thüringen für Demokratie und gegen Rechtsextr­emismus in einer Broschüre Ende 2017. Besonders unerfahren­e Ordnungsbe­hörden seien oftmals überforder­t und nutzten den rechtliche­n Spielraum und ihre rechtliche­n Instrument­e kaum aus. »Trotz Jahrzehnte­n rechter Profession­alisierung hat es eine Profession­alisierung aufseiten der Behörden offensicht­lich kaum gegeben.«

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