Neue Hoffnungen im neuen Jahr
Ein Referendum über Autonomie im Süden der Philippinen könnte den Friedensprozess im Land beschleunigen
Am Sonntag wird auf den südlichen Philippinen über eine erweiterte Autonomie abgestimmt. Damit wächst die Hoffnung auf ein Ende des bewaffneten Konfliktes.
Mit dem Beginn des Jahres 2019 keimt im Süden der Philippinen eine neue Friedenshoffnung. Während sich Friedensverhandlungen mit der kommunistisch geführten Guerilla NPA im vergangenen Jahr zerschlagen haben, könnte der fast 50 Jahre währende Konflikt zwischen der Regierung in Manilla und den Moro-Rebellen im Landessüden ein Ende finden. Grundlage dafür ist eine umfassende Neureglung des Autonomiestatus der Konfliktregion Mindanao.
Dabei war lange Zeit keine Einigung in Sicht, denn das Parlament blockierte das dafür notwendige Autonomiegesetz, Bangsamoro Organic Law, kurz BOL. Der Senat, die nach US-Vorbild mächtige zweite Kammer, hatte den Entwurf des früheren Präsidenten Benigno »Noynoy« Aquino wegen gravierender Bedenken mehrere Jahre auf Eis gelegt. Zwischenzeitlich gab es Mitte 2016 einen Wechsel im Präsidentenpalast. Und für den seither regierenden Rodrigo Duterte hat die erweiterte Autonomieregelung für mehrere Provinzen eine hohe Priorität. Schließlich ist er der erste Präsident, der selbst von der Südinsel Mindanao stammt.
Anders als der mehrheitlich katholische Rest des Landes ist Mindanao muslimisch dominiert. Zusammen mit den ebenfalls vorwiegend muslimischen Nachbarinseln sieht das Gesetz vor, eine neue Verwaltungseinheit, die Bangsamoro Autonome Region Muslimisches Mindanao (BARMM), zu schaffen. Dem Vorläufer, der Autonomen Region Muslimisches Mindanao (ARMM), gehören bis dato nur vier Provinzen an, in der neuen Einheit könnten es bis zu zehn regionale Gliederungen sein. Falls diese in einem Referendum, das in der ARMM am 21. Januar und in weiteren potenziellen Beitrittsgebieten am 6. Februar stattfindet, mehrheitlich dafür stimmen. Der Ausgang ist ungewiss, schon bei früheren Volksentscheiden hatten einige Provinzen und selbstverwaltete Städte die Option auf einen ARMMBeitritt abgelehnt.
Mit der neuen Verwaltungseinheit BARMM steht aber nicht nur eine territoriale Ausweitung bevor. Es ist auch die bisher weitgehendste Autonomieregelung, die der philippinische Staat seiner wichtigsten natio- nalen Minderheit, den Moro, anbietet. Ob Haushaltsfragen, Steuererhebungen, kulturelle Angelegenheiten, indigene Rechte oder natürliche Ressourcen – in all diesen Aspekten hätte die künftige Regionaladministration umfangreiche Vollmachten, ohne dass ihr die Zentrale in Manila da groß hineinreden dürfte.
Das BOL fußt auf den Verhandlungen, die die Regierung, noch unter Aquino, mit der Rebellengruppe Moro Islamic Liberation Front (MILF) in dieser Sache geführt hatte. Die MILF macht sich deshalb ebenso wie Duterte und seine Getreuen für ein Ja im Referendum stark. Etwas anders sieht es mit der älteren Moro National Liberation Front (MNLF) aus. Diese probte ab 1969/70 unter dem ehemaligen Hochschullehrer Nur Misuari als erste den Aufstand, um mehr Rechte für die bis dato benachteiligten Muslime einzufordern. Von ihr spaltete sich später die stärker moderat-islamistisch ausgerichtete MILF ab. Auch Teile der MNLF, die derzeit wegen interner Machtkämpfe gespalten ist, sind für die BangsamoroNeugliederung. Wortführer dieser Fraktion ist der frühere Gouverneur der Provinz Sulu, Yusop Jikiri. Er ist es auch, der den traditionellen Anführer gern in die zweite oder dritte Reihe verbannen möchte.
Nur denkt Misuari bisher noch nicht daran, abzutreten. Der nach wie vor von ihm kontrollierte Teil der Bewegung will zwar ebenfalls eine starke Beteiligung am Referendum – wirbt allerdings für ein Nein. Aus ihrer Sicht widerspricht das Gesetz dem im Jahr 1996 zwischen MNLF und Regierung geschlossenen Friedensvertrag. Der Gesprächsfaden zwischen Manila und der älteren Rebellengruppe war unter Aquino kurz vor einer finalen Einigung abgerissen. Jetzt allerdings, so Misuaris Sprecher Emmanuel Fontanilla zum Jahreswechsel, hoffe man nach der Abstimmung auf einen Neubeginn des Dialogs. Duterte selbst und der altgediente MNLF-Frontmann waren sich bereits im August begegnet. Zwar gibt es auf Mindanao und anderen Südinseln inzwischen auch islamistische Rebellenbewegungen wie Abu Sayyaf und die Maute-Rebellen, die zusammen im Jahr 2017 fünf Monate weite Teile der Stadt Marawi besetzt hielten. Dennoch wäre nach der Einigung mit der MILF ein endgültiges Abkommen mit der MNLF wichtig, um diesem Landesteil eine echte Friedensperspektive zu bringen.
Es ist die bisher weitgehendste Autonomieregelung, die der philippinische Staat seiner wichtigsten nationalen Minderheit, den Moro, anbietet.