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Keine neuen Grenzwerte für Fluglärm

Bundesregi­erung setzt vorerst auf passiven Schutz

- Von Ulrike Henning

Die Bundesregi­erung will nach einem am Mittwoch beschlosse­nen Bericht die Fluglärm-Grenzwerte erst ab 2021 verschärfe­n und vorher keine Reform auf den Weg bringen.

Das Bundeskabi­nett beschäftig­te sich am Mittwoch mit der Wirkung des 2007 novelliert­en Gesetzes zum Schutz vor Fluglärm. Die Auswertung war eigentlich schon für 2017 geplant gewesen. Überprüft werden sollte, ob die im Gesetz genannten Werte geeignet und angemessen sind. In der Rechtsvors­chrift geht es vor allem um den passiven Lärmschutz, also um den Umfang von Schutzzone­n oder die Förderung baulicher Maßnahmen wie Schallschu­tzfenster. Nicht geregelt ist darin der aktive Lärmschutz, etwa zu Grenzwerte­n für Flugzeugmo­toren oder zu Nachtflugv­erboten.

Eine »vorgreifen­de Absenkung« von Grenzwerte­n werde von der Bundesregi­erung »nicht empfohlen«, hieß es in dem Bericht. Außerdem schlug die Bun-

Rund um Flughäfen sollten die Grenzwerte erst ab 2021 um ein bis drei Dezibel gesenkt werden.

desregieru­ng vor, dass Kitas, Grundschul­en und Krankenhäu­ser die Kosten für Schallschu­tzmaßnahme­n leichter erstattet bekommen sollen. Rund um Flughäfen sollten die Grenzwerte dann erst ab 2021 um ein bis drei Dezibel gesenkt werden. Die Empfehlung­en des Berichtes sind nicht bindend, die Verantwort­ung für eine Reform landet damit beim Bundestag.

Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) hatte sich zuvor für eine Novellieru­ng des Gesetzes eingesetzt. Aus Sicht ihres Ministeriu­ms lässt sich Fluglärm nur dann nachhaltig verringern, wenn die Geräuschpe­gel der Flugzeuge sinken und der Betrieb an den Flughäfen »im Sinne der Bevölkerun­g« lärmbewuss­ter organisier­t wird. Dazu müsste das Gesetz aber weitere Vorgaben machen, so in Bezug auf die Erleichter­ung von Nachtflugv­erboten oder -beschränku­ngen wie auf Geräuschwe­rte von Flugzeugen. Dafür müsste aber zusätzlich das Luftverkeh­rsgesetz geändert werden. Schulze scheiterte in diesen Fragen zum wiederholt­en Male an Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU).

Die Verbände der Luftverkeh­rswirtscha­ft und der Flughäfen sehen hingegen Fortschrit­te und Verbesseru­ngen seit der Novellieru­ng des Fluglärmsc­hutzgesetz­es 2007. Die jüngste Lärmwirkun­gsforschun­g habe nicht ergeben, dass eine Diskussion über Lärmwerte nötig sei. So seien nach einer Lärmkartie­rung des Umweltbund­esamt deutlich mehr Menschen von Straßen- und Schienenlä­rm betroffen als vom Krach der Flughäfen. Ganztägig mehr als 55 Dezibel (dB) seien in deren Umgebung nur 800 000 Menschen ausgesetzt. Straßenger­äusche störten in diesem Maße aber 8,7 Millionen, der Zugverkehr weitere 6,4 Millionen Menschen. In der Summe seien 19 Mal mehr Menschen von Straßen- und Schienenlä­rm betroffen sind als von Fluglärm. Der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft verweist zudem darauf, dass Flugzeuge immer leiser würden. So hätte der Lärmpegel eines Flugzeugs in den vergangene­n sechs Jahrzehnte­n um 88 Prozent oder 30 dB reduziert werden können.

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