Charité mit neuem Chef
Nach langer Suche ersetzt Heyo Krömer ab Herbst Karl Max Einhäupl als Vorstandsvorsitzenden
Der Pharmakologe Heyo Kroemer übernimmt ab September den Posten des Vorstandsvorsitzenden von Europas größter Universitätsklinik.
Mit der Unterzeichnung des Dienstvertrags ist die Einstellung des neuen Charité-Chefs nun offiziell. Ab September wird der Pharmakologe Heyo Kroemer Europas größtes Universitätsklinikum mit seinen vier Campus und 3000 Betten leiten.
Als Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) den neuen Leiter am Mittwoch im Roten Rathaus der Presse vorstellt, ist er voll des Lobes. Nicht nur für Kroemer als Zukunftsweisender, sondern auch für dessen Vorgänger, den bereits über 70-jährigen Karl Max Einhäupl. Der Neurologe war zehn Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Charité. Sein Vertrag musste mehrmals verlängert werden, weil die Suche nach einem Nachfolger so lange dauerte.
Nun, so versicherten Müller, der auch Aufsichtsratschef der Charité ist, und Einhäupl, sei mit Kroemer aber der richtige Mann gefunden worden. Er sei »mit Abstand die beste Wahl«, beteuert Einhäupl, und habe bereits seine Leitungsfunktion in Göttingen und Greifswald »exzellent« ausgeführt. In Göttingen war er seit 2012 Dekan und Sprecher des Vorstands der dortigen Universitätsmedizin. Davor war Kroemer zwölf Jahre lang Dekan der Medizinischen Fakultät in Greifswald. Auch Müller ist überzeugt, dass der 58-Jährige als neuer Chef die »großen Aufgaben«, die bevorstehen, meistern wird. Kroemer ist außerdem seit vergangenem Jahr stellvertretender Vorsitzender der von Müller eingesetzten Zukunftskommission »Gesundheitsstadt Berlin 2030«, in der Expert*innen Wege für eine bessere Krankenversorgung in der Hauptstadt suchen.
»Es ist Professor Einhäupl zu verdanken, dass sich die Charité international qualitativ hochwertig entwickelt hat. Meine Aufgabe ist es, die Charité weiterhin zukunftsfähig zu gestalten«, sagt Kroemer. Zu den größten Herausforderungen zählt für ihn der demografische Wandel, der Krankenhäuser gleich doppelt betreffe: Vorhersehbar seien ein »massiver« Fachkräftemangel sowie steigende Patientenzahlen – bisher werden an der Charité jährlich mehr als 148 000 Fälle stationär und mehr als 700 000 Fälle ambulant behandelt. Die Lösung für Kroemer, der auch als Experte für digitale Möglichkeiten in der Medizin gilt: »Ohne konsequente Digitalisierung werden wir den demografischen Wandel nicht stemmen können.«
Die Charité ist die gemeinsame medizinische Fakultät von Freier Universität und Humboldt-Universität. Auf die insgesamt vier Standorte verteilt, zählt sie rund 100 Kliniken und Institute. Mit Tochterfirmen sind bei der Charité 17 500 Mitarbeiter*innen beschäftigt. Das macht sie zu einem der größten Arbeitgeber Berlins. Im Jahr 2017 hat die Charité nach eigenen Angaben über 1,7 Milliarden Euro erwirtschaftet.
In der Vergangenheit gab es an der Charité immer wieder Arbeitskämpfe von outgesourcten Tochterfirmen wie der Charité Facility Management (CFM) oder dem Charité Physiotherapie- und Präventionszentrum (CPPZ), die Löhne nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) fordern und aus Protest gegen die Ungleichbehandlung immer wieder die Arbeit niederlegten. Die Angestellten der Tochterfirmen verdienen zum Teil erheblich weniger, als die direkt bei der Charité angestellten Mitarbeiter*innen.
Für diesen Donnerstag hat ver.di die Therapeuten der CPPZ abermals zum Streik aufgerufen. Ende 2018 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, dass die Beschäftigten der CPPZ wieder in die Charité zurückgeführt werden müssen. Parallel zum Streik findet die erste Verhandlungsrunde zwischen ver.di und CPPZ statt. »Es kann jetzt nur noch um die Konditionen bei der Angleichung an den Tarifvertrag gehen«, so ver.di-Verhandlungsführer Kalle Kunkel.