Westpreise und Ostlöhne
Brandenburg benötigt ein deutliches Lohnplus. Mit der Anhebung des Vergabemindestlohns auf 10,50 Euro geht die rot-rote Koalition mit gutem Beispiel voran.
»Die deutliche Erhöhung des Vergabemindestlohns ist sinnvoll«, sagt Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Es gehe darum, dass der Wettbewerb um Aufträge der öffentlichen Hand nicht zu Lasten der Mitarbeiter ausgetragen werde.
»Wir meinen es ernst mit einer Lohnuntergrenze, die dazu beiträgt, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können und vor Altersarmut geschützt sind«, ergänzt Sozialministerin Susanna Karawanskij (LINKE).
Geplant ist, dass ab 1. April 2019 Unternehmen ihren Beschäftigten wenigstens 10,50 Euro die Stunde zahlen müssen, wenn sie bei Aufträgen vom Staat den Zuschlag erhalten wollen. Eine diesbezügliche Änderung des brandenburgischen Vergabegesetzes wurde am Dienstag vom rotroten Kabinett gebilligt. Demnach soll der Vergabemindestlohn dann am 1. Januar 2020 noch einmal steigen – auf 10,68 Euro. Bisher liegt er offiziell noch bei neun Euro. Doch dies ist bereits Makulatur. Denn der gesetzliche Mindestlohn, der bundeseinheitlich generell nicht unterschritten werden darf, ist zu Jahresbeginn von 8,84 Euro auf 9,19 Euro pro Stunde gestiegen. Mit dem Vergabemindestlohn will Brandenburg Vorbild und Schrittmacher sein und legt deshalb nach.
Ein gewisses Problem besteht darin, dass auch ungelernte Arbeiter bei öffentlichen Aufträgen die 10,50 Euro bekommen, während so mancher Facharbeiter auch nicht besser entlohnt wird. Das wird als ungerecht empfunden. Dabei neidet niemand dem Ungelernten die 10,50 Euro. Nur hätte ein Handwerksgeselle dann gern eine angemessen höhere Entlohnung.
Das versteht DGB-Regionsgeschäftsführer Sebastian Walter, der bei der Landtagswahl am 1. September 2019 für die LINKE antreten möchte. Das ein Malergeselle gewöhnlich nicht viel mehr als neun Euro erhalte, sei inakzeptabel. »Es wird Zeit, dass es in Brandenburg ein deutliches Lohnplus gibt«, sagt Walter. Es könne doch nicht sein, dass »Westpreise genommen, aber Ostlöhne gezahlt« werden. Dass die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe voll sind, findet Walter gut. Dass sich unternehmerisches Risiko finanziell lohnt, findet er in Ordnung. Aber wenn die Geschäfte so gut laufen, sollen die Beschäftigten etwas abbekommen. Eine ordentliche Bezahlung sei auch ein Mittel gegen den Fachkräftemangel. Es nütze den Betrieben nichts, immer zu schimpfen, die Schulen seien schlecht, sie würden deswegen keine geeigneten Lehrlinge finden. Es sollten endlich mehr Betriebe Lehrlinge ausbilden. In Ostbrandenburg bilde nicht einmal jeder zehnte Handwerksbetrieb aus, beklagt Walter. Den Vergabemindestlohn sieht er als eine Möglichkeit, den Gewerkschaften in Tarifverhandlungen den Rücken zu stärken.