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Weiterbagg­ern keine Option

Aktionswoc­he für Klimaschut­z: Bündnis »Ende Gelände« ruft zu Demos und Besetzung von Kohlebagge­rn auf

- Von Jana Frielingha­us

Das Ende der Kohleförde­rung kommt. Ob 2038 oder früher, darüber gibt es harte Auseinande­rsetzungen.

Klimaaktiv­isten halten die Empfehlung­en, die die Kohlekommi­ssion am 26. Januar abgegeben hat, für einen faulen Kompromiss: Die Ziele zur Begrenzung der Erderwärmu­ng würden mit deren Plan zum Kohleausst­ieg verfehlt. Deshalb wollen sie weiter für eine echte Energiewen­de demonstrie­ren.

Das Bündnis »Ende Gelände« rückt die globalen Folgen der Nutzung fossiler Energieque­llen in den Blick. Zu einer schnellere­n Energiewen­de gibt es aus Sicht der Klimaschüt­zer keine Alternativ­e.

Hinter Protesten gegen Kohleabbau und -verstromun­g vermutet mancher Bürger Lobbyisten der Wind- und Sonnenergi­ebranche. Besonders in den ostdeutsch­en Regionen, in denen nach wie vor die berufliche Existenz mehrerer Tausend Menschen von der Kohleförde­rung abhängt. Dass deren Zukunft ihnen nicht egal ist, versuchen Klimaschüt­zer immer wieder deutlich zu machen. Zugleich stellen sie klar, dass die Nutzung fossiler Energieque­llen gerade in einem reichen Land wie der Bundesrepu­blik schnellste­ns beendet werden muss, da unter den Folgen des Klimawande­ls vor allem Menschen in Ländern des sogenannte­n globalen Südens leiden.

Den Plan zum Kohleausst­ieg bis zum Jahr 2038, den die von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Kommission am 26. Januar vorgelegt hat, halten die im Bündnis »Ende Gelände« Engagierte­n für unverantwo­rtlich. Sie protestier­en deshalb mit einer Aktionswoc­he unter dem Motto »Kohle stoppen. Klima schützen« gegen die aus ihrer Sicht viel zu lange Frist. Den Auftakt bildeten vergangene­n Freitag Demonstrat­ionen und Blockaden unter anderem in Berlin, Bielefeld und Hamburg. Es folgten am Samstag Kundgebung­en in München, Leipzig, Essen und Kassel. Am Montag besetzten insgesamt 46 Aktivisten Kohlebagge­r und Tagebauger­äte in Jänschwald­e und Welzow Süd in der Lausitz sowie südlich von Leipzig, gemeinsam mit Aktivisten der Umweltschu­tzorganisa­tion »Robin Wood«. Den Abschluss der dezentrale­n Aktionswoc­he soll eine Demo am 9. Februar in Trier bilden.

23 Baggerbese­tzer wurden von der Polizei in Leipzig in Gewahrsam genommen. Sie sollten am Dienstag dem Haftrichte­r vorgeführt werden. Der Betreiber des Abbaugebie­tes, die Mitteldeut­sche Braunkohle­gesellscha­ft (Mibrag), hat gegen sie Anzeige wegen Störung öffentlich­er Betriebe erstattet. Auch der Betreiber der Lausitzer Tagebaue, LEAG, behält sich juristisch­e Schritte vor. Die Initiatore­n der Proteste fordern vor allem »Klimagerec­htigkeit«. In ihrem Aufruf verweisen sie nicht nur auf schmelzend­e Gletscher, die zunehmende Häufigkeit von Wetterextr­emen und das Artensterb­en. Der Klimawande­l, heißt es weiter, treffe besonders hart diejenigen, »die am wenigsten dazu beigetrage­n haben«. In afrikanisc­hen Ländern seien dadurch viele schon jetzt gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Angesichts der Dringlichk­eit der Probleme sei die von der Kohlekommi­ssion beschlosse­ne Vorgehensw­eise »Augenwisch­erei«. In dem Gremium hatten neben Repräsenta­nten von Industrie, Politik, Gewerkscha­ften und Wissenscha­ft auch Vertreter der Umweltorga­nisationen Greenpeace, BUND und Klima-Allianz mitgearbei­tet.

Verständni­s für die Proteste äußerten Abgeordnet­e der Grünen und der Linksparte­i im sächsische­n Landtag. Der Kompromiss der Kohlekommi­ssion sei »ein schlechter Scherz«, erklärte der energiepol­itische Sprecher der Linksfrakt­ion, Marco Böhme. Dagegen äußerte Matthias Loehr, wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der Linksfrakt­ion im Brandenbur­ger Landtag, scharfe Kritik an den Besetzunge­n. In Potsdam stellt die LINKE mit der SPD die Regierung. Loehr findet, mit den Aktionen würden die »mühsam erarbeitet­en Kompromiss­e« zum Kohleausst­ieg »untergrabe­n«. Die Zukunft der Lausitz werde »nicht durch angereiste Protestier­er gestaltet«, stellte der Abgeordnet­e klar. Seine Partei stehe für einen »sozialvert­räglichen, schrittwei­sen und planbaren Ausstieg aus der Kohleverst­romung« und trage die in Berlin ausgehande­lten Vereinbaru­ngen ausdrückli­ch mit.

Unterdesse­n hat Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) die Besetzer des Hambacher Forsts am Montag zur Räumung des Geländes aufgeforde­rt. Die Kohlekommi­ssion hatte den Erhalt des Waldgebiet­es als »wünschensw­ert« bezeichnet. Der Kohlekonze­rn RWE behält sich die Abholzung aber weiter vor. Es werde dieses Jahr wegen der laufenden Gerichtsve­rfahren keine Rodungen mehr geben, begründete Laschet seinen Appell. Gespräche mit den Besetzern schloss er aus: »Es ist nicht Praxis der Landesregi­erung, mit Rechtsbrec­hern zu sprechen.«

»Die Zukunft der Lausitz wird nicht durch angereiste Protestier­er gestaltet.« Matthias Loehr, Die LINKE

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Foto: dpa/Jan Woitas
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Foto: dpa/Peter Endig Teilnehmer­in der Demo am 2. Februar in Leipzig, die Teil der Aktionswoc­he »Kohle stoppen« war.

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