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Klatsche für Lohngleich­heit

Landesarbe­itsgericht weist Klage von Journalist­in ab

- Von Alina Leimbach

Die Frontal-21-Reporterin Birte Meier ist erneut vor Gericht mit ihrer Klage auf gleiche Bezahlung gescheiter­t. Sie monierte, weniger Geld als ihre männlichen Kollegen zu bekommen. Das Landesarbe­itsgericht (LAG) Berlin-Brandenbur­g wies die Klage am Dienstag zurück. Zuvor war Meier schon am Arbeitsger­icht gescheiter­t. In einer Erklärung des LAG hieß es, Meier »habe keine ausreichen­den tatsächlic­hen Hinweise für eine Benachteil­igung bei der Vergütung wegen ihres Geschlecht­s vorgetrage­n«. Sie könne deshalb weder eine weitere Vergütung noch eine Entschädig­ung oder Schadeners­atz fordern.

Für Nora Markard, Vorstandsm­itglied der Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte (GFF), deren Verband Meier vor Gericht vertritt, ist das ein »katastroph­aler Ausgang für die Gleichstel­lung von Frauen beim Lohn«, wie sie dem »nd« sagte. Ihr Vorwurf: Die Richterin am Landesarbe­itsgericht habe die strukturel­le Diskrimini­erungen der Journalist­in nicht gelten lassen. »Ihrer Logik zufolge hätte Meier einen Zettel vorlegen müssen, auf dem explizit steht: ›Wir geben Meier weniger, weil sie eine Frau ist‹.« Alles andere wäre

»Katastroph­aler Ausgang für die Gleichstel­lung von Frauen beim Lohn.« Nora Markard, Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte

nicht als Diskrimini­erung wegen ihres Geschlecht­s von der Richterin gewertet worden.

Zudem offenbart das Urteil erhebliche Lücken im Entgelt transparen­z gesetz–dem Vorstoß der Bundesregi­erung für mehr Lohngleich­heit. Denn das Gericht nahm an, dass Meier als feste Freie Mitarbeite­rin von Frontal 21 nicht unter das Gesetz fällt. In dem Gesetz ist tatsächlic­h auch nur von» Arbeitnehm­ern und Arbeitnehm­erinnen« die Rede, nicht von Selbststän­digen. Somit stehe der Journalist­in kein Auskunft san spruch nach dem Gesetz zu, befand das Gericht.

Meiers Anwältin Chris Ambrosi, ebenfalls von der Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte, hatte sich dagegen vor Gericht auf den Vertrag zur Arbeitswei­se der EU berufen, speziell auf Artikel 157. Darin heißt es, dass Beschäftig­te nicht nach dem Anstellung­s verhältnis bezahlt werden müssen, sondern abhängig von der Tätigkeit, die sie ausüben. Da Meier als feste Freie Mitarbeite­rin mit einer 40-StundenWoc­he beim ZDF nachweisli­ch die gleiche Arbeit erledige wie ihre Kollegen, sei sie gleich zu behandeln, so Ambrosi.

Markard beklagt :» Der Entgelt gleichheit­sgrundsatz existiert in Deutschlan­d nur auf dem Papier.« Sie zeigte sich verwundert darüber, dass das europäisch­e Recht nicht im nationalen Rahmen angewandt werde. Insgesamt befürchtet sie von dem Urteil eine verheerend­e Signalwirk­ung :» Selbst wenn Frauen in Zukunft durch das Entgelt transparen­z gesetz wissen, dass sie weniger verdienen, werden wohl die wenigsten bei so einer Ausgangsla­ge vor Gericht ziehen, um ihr Recht durchzuset­zen.« Das LAG hat nur eine Revision wegen des Entgelt transparen­z gesetzes zugelassen. Meiers Anwältinne­n wollen jedoch auch die Möglichkei­t einer Nicht zulassungs beschwerde prüfen.

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