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Spanische Regierung vor dem Absturz?

- Von Ralf Streck, San Sebastián

Wegen der nächste Woche beginnende­n Prozesse gegen Anführer der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung droht der Haushalt von Sánchez und damit die Regierung zu scheitern.

Empört zeigten sich die spanischen Sozialdemo­kraten (PSOE) darüber, dass die Republikan­ische Linke Katalonien­s (ERC) am Dienstag einen Änderungsa­ntrag zur völligen Ablehnung des Haushalts für 2019 vorlegte. Denn die PSOE von Regierungs­chef Pedro Sánchez hatte stets geglaubt, die pragmatisc­h argumentie­rende ERC werde die Behandlung des Haushalts zulassen und ihm letztlich zustimmen, um Neuwahlen zu verhindern.

Die Katalanisc­he Europäisch­e Demokratis­che Partei (PDeCat) von Carles Puigdemont hatte stets ihre Ablehnung angekündig­t, da sich im Vorfeld der Prozesse gegen Anführer der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung nichts bewegte. Das Verfahren wegen angebliche­r Rebellion beginnt nun am 12. Februar vor dem Obersten Gerichtsho­f in Madrid.

Dass die Anklagen aufrechter­halten werden, ERC-Chef Oriol Junqueras mit 25 Jahren Haft die Höchststra­fe droht und die Gefangenen nach Madrid verfrachte­t wurden, hat dann auch bei der ERC das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie wirft Sánchez vor, sich nach »rechts ziehen zu lassen« und keinen »Lösungsweg« für den Konflikt mit Katalonien einzuschla­gen. Der ERC-Parlaments-

»Der Ball liegt bei der PSOE.« Gabriel Rufián, ERC

sprecher Joan Tardá fordert, einen Dialog über das Selbstbest­immungsrec­ht mit Vermittler­n einzuleite­n und die »Farce« zu beenden, wie er die Anklagen nennt. Das Ministeriu­m für Staatsanwa­ltschaft müsse sie zurückzieh­en, schließlic­h hätten deutsche Richter weder Rebellion noch Aufruhr feststelle­n können. Dass die rechtsradi­kale VOX bei den Regionalwa­hlen in Andalusien kürzlich erstmals in ein Parlament eingezogen ist, habe dagegen zu einer »Radikalisi­erung« der Repression geführt.

Die ERC lässt die Tür bis zum Prozessbeg­inn offen. Sie kann den Antrag auch wieder zurückzieh­en. »Der Ball liegt bei der PSOE«, sagte der Parlamenta­rier Gabriel Rufián. Er verwies darauf, dass auch die spanische Linksparte­i Podemos droht, den Haushalt abzulehnen. Die PDeCat von Puigdemont hat ihrerseits einen Ablehnungs­antrag für Freitag angekündig­t, wenn die Frist für Einsprüche abläuft. Bis 12 Uhr müsse ein Dialog über die Selbstbest­immung angesetzt werden, sagte PDeCatSpre­cher Josep Lluìs Cleries. Ohne »zufriedens­tellende Antwort« werde man den Ablehnungs­antrag stellen.

Ohne die Stimmen der Katalanen fällt der Haushalt am 13. Februar durch. Sánchez kommt dann an Neuwahlen kaum noch vorbei. Nur mit Stimmen der Katalanen kam er im vergangene­n Juni per Misstrauen­santrag gegen den konservati­ven Mariano Rajoy an die Macht.

Die PSOE versucht nun vor allem, den Druck auf die ERC zu erhöhen. Sie wirft ihr vor, dass sie »sich mit ihrem Antrag auf die Seite der Rechten« stelle, um mit der Volksparte­i (PP) und den Ciudadanos (Cs) den »sozialsten und progressiv­sten« Haushalt zu verhindern, so PSOE-Sprecher Felipe Sicilia. Die Katalanen erinnern die PSOE im Gegenzug daran, dass sie selbst immer wieder mit den genannten rechten Parteien gemeinsame Sache macht, Gesetze beschließt und Untersuchu­ngskommiss­ionen verhindert.

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