Schlappe für Trump im Senat
US-Abgeordnete verweigern Gefolgschaft / Nächster Syrien-Dreiergipfel in Vorbereitung
Eine Konstante in der US-Nahostpolitik ist ihre Unberechenbarkeit. Unter der Präsidentschaft Trumps ist sie besonders ausgeprägt. Iran, Russland und die Türkei versuchen, darauf zu reagieren.
Einigkeit in Bezug auf ihre Syrien-Politik – das haben die Staatschefs Irans, Russlands und der Türkei trotz erheblicher Interessenverschiedenheit schon mehrfach öffentlich unter Beweis stellen wollen. Auch am Donnerstag nächster Woche in Sotschi am russischen Schwarzmeer wollen sie das wieder tun.
Im Kontrast dazu stehen die Syrien-Debatten in den USA, wo sich am Montag ein weiteres Kapitel unabgestimmter Außenpolitik besichtigen ließ: Mögen sich die beiden Großparteien im US-Kongress in diesem Jahr im Haushaltsstreit auch noch so erbitterte Redeschlachten geliefert haben – in der Syrien-Frage sind sie sich weitgehend einig, und zwar gegen ihren Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte kurz vor Jahresende ohne Abstimmung mit seiner Partei und Verbündeten vor Ort den Abzug der in Syrien agierenden 2000 US-Soldaten verkündet, die dort den syrischen Kurden Rückendeckung geben. Die Terrorbanden des Islamischen Staates (IS) seien besiegt, so Trump, deswegen hole er die Truppen heim.
Dagegen hat sich nun am Montag eine deutliche Mehrheit im US-Senat ausgesprochen. Mit 70:26 Stimmen wurde eine Resolution angenommen, in der es heißt, ein »übereilter Abzug von US-Truppen« könne »hart erkämpfte Erfolge und die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten« gefährden. Kein Geringerer als der Mehrheitsführer von Trumps Republikanern im US-Senat, Mitch McConnell, hatte den Antrag eingebracht.
Beide Seiten haben ihre Gründe, Nebulös-Patriotisches als Begründung anzuführen, denn mit dem IS hat das alles wenig zu tun. Trump geht es bei der Truppenheimholung wohl darum, seine miesen Umfragewerte zu verbessern. Seine Kongressgegner sorgen sich sicherlich auch um den Ruf ihres Staates als verlässlicher Partner. Vor allem aber wollen sie in der Region präsent bleiben.
Den Erhalt dieser Präsenz haben sie Trump nun offenbar als Trumpfkarte für seine Erdrosselungsstrategie gegen Iran schmackhaft gemacht. Jedenfalls heißt es nun, so der Präsident selbst, man möchte die US-Soldaten in Syrien, die sich dort im übrigen – Kampf gegen des IS hin oder her – völlig widerrechtlich aufhalten, in den Nachbarstaat Irak verlegen.
Dort befinden sich seit der Invasion von 2003 bereits US-Truppen; im Gegensatz zur Präsenz in Syrien allerdings mit Billigung der dortigen Regierung. Die freilich zeigt sich wenig begeistert vom Trump'schen Vorstoß. Ohnehin haben sich die USAmerikaner auf Grund ihres anmaßenden Auftretens auch in Irak wenig Freunde gemacht.
Zwar ist die Regierung auf amerikanische Militärhilfe angewiesen und hat insofern einige Konzessionen gegenüber Washington zu machen. Allerdings möchte sich Bagdad keineswegs wie gewünscht gegen den Nachbarn Teheran in Anschlag bringen lassen. Das nicht nur, weil in Irak wie Iran Schiiten regieren. Bagdad versucht seinen Wiederaufbau nach mehr als 30 Kriegsjahren nicht gegen den, sondern mit dem iranischen Nachbarn zu bewerkstelligen.
Die Antwort auf Trumps unverfrorenes »Angebot« der Truppenverlegung konnte deshalb nicht lange auf sich warten lassen. Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« zitiert den irakischen Präsidenten Barham Salih mit den Worten: »Überlasten Sie Irak nicht mit Ihren eigenen Problemen.« Außerdem, so war Salih bei n-tv zu vernehmen, »verbietet die irakische Verfassung die Nutzung Iraks als Stützpunkt, um ein benachbartes Land zu attackieren«. Zwar meint man in Amerika, wenn Trump das nicht so laut herausposaunt hätte, wäre mit Geheimdiplomatie wohl manches möglich gewesen. Andererseits aber hat Irak seit Oktober einen neuen Präsidenten und eine neue Regierung, die auch mit einem neuen Selbstbewusstsein auftreten.
Nach Trumps Tritt ins irakische Fettnäpfchen wird jetzt sogar der Abzug der US-Truppen aus Irak gefordert. Trump hatte am Sonntag dem US-Fernsehsender CBS gesagt, die USA wollten den irakischen Luftwaffenstützpunkt Ain al-Assad »behalten, um von dort aus Iran zu überwachen«. Der Parlamentsabgeordnete Sabah al-Saadi von der Fraktion des schiitischen Predigers Muqtada alSadr sagte nun, »der Abzug der amerikanischen Truppen aus Irak ist eine nationale Pflicht«. Saadi forderte sogar, umgehend seinen Gesetzentwurf für einen Komplettabzug der U.S. Army anzunehmen. Dazu dürfte es aber sobald nicht kommen, auch wenn die Wogen der Erregung hochschlagen.
Um so geräuschloser bereiten Iran, Russland und die Türkei ihren Sotschi-Gipfel vor. Auch dort dürfte es um die US-Soldaten gehen, die noch in Syrien sind und nach ihrem Abzug, so verlangt es Präsident Recep Tayyip Erdogan, durch Türken ersetzt werden sollen. Die Preisfrage lautet, wie künftig syrische Souveränitätsansprüche gewährleistet und dabei trotzdem kurdische und ausdrücklich auch türkische Interessen gewahrt werden können.