Wer hat, der kann
St. Pauli siegt gegen Union Berlin und will oben bleiben
Als das märchenhafte Comeback nach 16 Jahren mit zwei Toren zum Last-Minute-Sieg über den 1. FC Union Berlin perfekt war, huldigten die Anhänger des FC St. Pauli »Fußballgott Alex Meier« lautstark. »Die Fans in Frankfurt haben mich schon so genannt. Schön, dass die Paulianer es auch tun, aber der Fußballgott hier ist ›Schnecke‹ Kalla«, sagte der Matchwinner glücklich, aber kaputt nach dem 3:2 (1:0) der Hamburger Kiezkicker. Die sind in der 2. Bundesliga mit 37 Punkten nun erster Verfolger des Lokalrivalen und Spitzenreiters Hamburger SV, der mit drei Punkten mehr an der Tabellenspitze steht. »Jetzt wollen wir versuchen, bis zum Saisonende oben dranzubleiben«, kündigte Meier nach seinem traumhaften Heimdebüt forsch an.
»Es schadet auf jeden Fall ja nicht, wenn du zwei Götter auf deiner Seite hast.«
St. Paulis Fanliebling Kalla über Mitspieler Alex Meier
Sein erster Startelfeinsatz für St. Puali nach 5783-tägiger Abwesenheit lieferte Stoff für ein rührendes Stück. Nach dem Führungstreffer nach 23 Minuten durch Sami Allagui erhöhte Meier in der 62. Minute per Kopf auf 2:0 – das Stadion bebte nach dessen erstem Pauli-Tor seit dem 6. April 2003. Nach dem Doppelschlag der starken Gäste aus Berlin in der 84. und 86. Minute zum 2:2 hatte Meier »eher Angst, dass wir noch ein Gegentor kriegen«. Doch kurz vor Ablauf der vierminütigen Nachspielzeit erzielte Meier per berechtigtem Elfmeter den Siegtreffer.
Der etatmäßige Schütze Marvin Knoll war angeschlagen und überließ Meier den Schuss – die meisten der 29 546 Besucher brachten das randvolle Millerntor-Stadion danach zum Wackeln. »Als Knolli sagte, ich solle schießen, da konnte ich ja schlecht Nein sagen«, meinte der 36-Jährige cool, dessen Verpflichtung nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Henk Veerman sich schon jetzt gelohnt hat.
»Er hat ein Riesenspiel gemacht und weiß halt, wo das Tor steht«, lobte Trainer Markus Kauczinski. Dass der Kiezklub nun HSV-Jäger Nummer eins sei, wollte der 48Jährige dagegen gar nicht kommentieren. Auch wenn sich beide Vereine aus der »Zweitliga-Hauptstadt Hamburg« (Hamburger Abendblatt) die Tabelle mit dem HSV vor St. Pauli, dem 1. FC Köln (36 Punkte und ein Spiel weniger) sowie Union (34) sicherlich gerne einrahmen würden.
Kauczinski stapelte vor dem nächsten Spitzenspiel am kommenden Freitag in Köln aber lieber tief. »Wir können was, wir haben was. Wohin das am Ende führt, da müssen wir abwarten«, befand der Coach. Stattdessen lobte er lieber die Gäste, deren tolle Moral am für sie bitteren Ende nicht belohnt wurde. »Wir waren heute mit Sicherheit nicht die bessere Mannschaft. Aber wir haben dagegen gehalten mit ganz viel Moral, mit Herz und mit Feuer. Die Jungs sind über sich hinausgewachsen.«
Das gilt auch für Fanliebling Jan-Philipp »Schnecke« Kalla. Das St. Pauli-Urgestein ist seit 2003 im Verein und wird schon lange von den braun-weißen Hamburger Anhängern vergöttert. Dass Kämpfertyp Kalla, der seinen Spitznamen schon als Kind von seinen Eltern verpasst bekam, diesen Status nun mit dem neuen Torjäger Alex Meier teilen muss, scheint den 32 Jahre alten Verteidiger überhaupt nicht zu stören. »Es schadet auf jeden Fall ja nicht, wenn du zwei Götter auf deiner Seite hast«, meinte er.