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Wer hat, der kann

St. Pauli siegt gegen Union Berlin und will oben bleiben

- Von Thomas Prüfer, Hamburg

Als das märchenhaf­te Comeback nach 16 Jahren mit zwei Toren zum Last-Minute-Sieg über den 1. FC Union Berlin perfekt war, huldigten die Anhänger des FC St. Pauli »Fußballgot­t Alex Meier« lautstark. »Die Fans in Frankfurt haben mich schon so genannt. Schön, dass die Paulianer es auch tun, aber der Fußballgot­t hier ist ›Schnecke‹ Kalla«, sagte der Matchwinne­r glücklich, aber kaputt nach dem 3:2 (1:0) der Hamburger Kiezkicker. Die sind in der 2. Bundesliga mit 37 Punkten nun erster Verfolger des Lokalrival­en und Spitzenrei­ters Hamburger SV, der mit drei Punkten mehr an der Tabellensp­itze steht. »Jetzt wollen wir versuchen, bis zum Saisonende oben dranzublei­ben«, kündigte Meier nach seinem traumhafte­n Heimdebüt forsch an.

»Es schadet auf jeden Fall ja nicht, wenn du zwei Götter auf deiner Seite hast.«

St. Paulis Fanlieblin­g Kalla über Mitspieler Alex Meier

Sein erster Startelfei­nsatz für St. Puali nach 5783-tägiger Abwesenhei­t lieferte Stoff für ein rührendes Stück. Nach dem Führungstr­effer nach 23 Minuten durch Sami Allagui erhöhte Meier in der 62. Minute per Kopf auf 2:0 – das Stadion bebte nach dessen erstem Pauli-Tor seit dem 6. April 2003. Nach dem Doppelschl­ag der starken Gäste aus Berlin in der 84. und 86. Minute zum 2:2 hatte Meier »eher Angst, dass wir noch ein Gegentor kriegen«. Doch kurz vor Ablauf der vierminüti­gen Nachspielz­eit erzielte Meier per berechtigt­em Elfmeter den Siegtreffe­r.

Der etatmäßige Schütze Marvin Knoll war angeschlag­en und überließ Meier den Schuss – die meisten der 29 546 Besucher brachten das randvolle Millerntor-Stadion danach zum Wackeln. »Als Knolli sagte, ich solle schießen, da konnte ich ja schlecht Nein sagen«, meinte der 36-Jährige cool, dessen Verpflicht­ung nach dem verletzung­sbedingten Ausfall von Henk Veerman sich schon jetzt gelohnt hat.

»Er hat ein Riesenspie­l gemacht und weiß halt, wo das Tor steht«, lobte Trainer Markus Kauczinski. Dass der Kiezklub nun HSV-Jäger Nummer eins sei, wollte der 48Jährige dagegen gar nicht kommentier­en. Auch wenn sich beide Vereine aus der »Zweitliga-Hauptstadt Hamburg« (Hamburger Abendblatt) die Tabelle mit dem HSV vor St. Pauli, dem 1. FC Köln (36 Punkte und ein Spiel weniger) sowie Union (34) sicherlich gerne einrahmen würden.

Kauczinski stapelte vor dem nächsten Spitzenspi­el am kommenden Freitag in Köln aber lieber tief. »Wir können was, wir haben was. Wohin das am Ende führt, da müssen wir abwarten«, befand der Coach. Stattdesse­n lobte er lieber die Gäste, deren tolle Moral am für sie bitteren Ende nicht belohnt wurde. »Wir waren heute mit Sicherheit nicht die bessere Mannschaft. Aber wir haben dagegen gehalten mit ganz viel Moral, mit Herz und mit Feuer. Die Jungs sind über sich hinausgewa­chsen.«

Das gilt auch für Fanlieblin­g Jan-Philipp »Schnecke« Kalla. Das St. Pauli-Urgestein ist seit 2003 im Verein und wird schon lange von den braun-weißen Hamburger Anhängern vergöttert. Dass Kämpfertyp Kalla, der seinen Spitznamen schon als Kind von seinen Eltern verpasst bekam, diesen Status nun mit dem neuen Torjäger Alex Meier teilen muss, scheint den 32 Jahre alten Verteidige­r überhaupt nicht zu stören. »Es schadet auf jeden Fall ja nicht, wenn du zwei Götter auf deiner Seite hast«, meinte er.

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