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Kündigung nach drei Abmahnunge­n?

Abmahnung

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Ständig zu spät gekommen oder das Rauchverbo­t am Arbeitspla­tz missachtet – für solches Fehlverhal­ten kann es eine Abmahnung durch den Arbeitgebe­r geben. Schlimmste­nfalls bereitet sie den Weg für eine Kündigung vor. Was sollten Arbeitnehm­er dazu wissen?

Die entscheide­nde Frage ist: Wofür kann abgemahnt werden? »Eine Abmahnung ist die Vorbereitu­ng für eine mögliche verhaltens­bedingte Kündigung. Das heißt, es kann nur um ein Verhalten gehen, das änderbar ist«, erklärt dazu Mirjam Alex, Juristin in der ver.di-Rechtsabte­ilung. Betroffen sind der Leistungs- und Verhaltens­bereich sowie Vertrauens­verstöße. Werden Arbeitsanw­eisungen nicht befolgt, kann das genauso zu einer Abmahnung führen wie ständiges Zuspätkomm­en oder verspätete Krankmeldu­ngen.

Arbeitsrec­ht sieht Hinweis-, Rüge- und Warnfunkti­on vor

Anders sieht das zum Beispiel bei häufiger Krankheit aus, also bei Dingen, die ein Arbeitnehm­er nicht selber steuern kann. »Der Arbeitgebe­r kann kein Verhalten abmahnen, das ihn nichts angeht«, ergänzt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabte­ilung beim Rechtsschu­tz des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB). »Es ist allerdings nicht ganz einfach zu beantworte­n, wann das der Fall ist.«

Ob eine Abmahnung wirksam ist, hängt nicht von formalen Kriterien ab. Im Arbeitsrec­ht ist die Hinweis-, Rüge- und Warnfunkti­on einer Abmahnung festgeschr­ieben. »Sie muss auf einen konkreten arbeitsver­traglichen Verstoß hinweisen, diesen Verstoß rügen und Folgen für den Fall androhen, dass ein bestimmtes Verhalten nicht unterbleib­t oder wiederholt wird«, erläutert Menssen.

Dabei kommt es auf den Inhalt an, eine bestimmte Form ist nicht notwendig. Die Abmahnung muss nicht einmal ausdrückli­ch als solche bezeichnet werden. Wirksam ist sie aber nur, wenn sie jemand erteilt, der dazu berechtigt ist. »Wer ge- genüber dem Beschäftig­ten das Direktions- und Weisungsre­cht hat, kann ihn auch abmahnen«, sagt Jan Witter, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht in Bremen.

Mündliche Abmahnung spielt kaum eine Rolle

Im Grunde kann ein Weisungsbe­fugter einen Arbeitnehm­er auch mündlich abmahnen. »Ein Problem ist allerdings die Beweisbark­eit, wenn es darauf ankommt«, erklärt Menssen. Im Zweifel muss der Arbeitgebe­r nicht nur die Rüge an sich beweisen, sondern auch, dass sie inhaltlich konkret genug war.

In der Praxis spielen mündliche Abmahnunge­n keine große Rolle«, so die ver.di-Juristin Alex. Fachanwalt Witter hält gleichwohl ein Gespräch für sinnvoll: »Ich empfehle Arbeitgebe­rn auch immer wieder, dass man zusätzlich zu einem Vermerk in die Personalak­te zunächst über die Situation spricht und nicht wortlos einen langen Zettel übergibt, auf dem viele Vorwürfe stehen.«

Eine Abmahnung hat ein bestimmtes Ziel. »Sie ist keine Sanktion für ein Fehlverhal­ten, sondern sie soll zukünftige Fehlverhal­ten verhindern«, betont die Juristin Alex. Das heißt, letztlich soll der Arbeitnehm­er als Konsequenz daraus sein Verhalten ändern. Für den Fall, dass das nicht geschieht, wird in der Praxis die Kündigung angedroht.

Nach der Abmahnung automatisc­h die Kündigung?

Ein Mythos ist die Annahme, dass drei Abmahnung automatisc­h eine Kündigung bedeuten. Gleichzeit­ig sind aber auch nicht mehrere Abmahnunge­n für eine Kündigung notwendig.

»Eine Kündigung wegen eines Fehlverhal­tens oder wegen schlechter Leistung setzt in der Regel zumindest eine Abmahnung voraus«, erklärt DGB-Jurist Menssen. Wie häufig vor einer Kündigung abgemahnt werden muss, komme aber unter anderem auf die Schwere des Verstoßes an, wegen dem gekündigt werden soll. Sehr häufig reiche aber bereits eine Abmahnung aus. In Fällen wie zum Beispiel Diebstahl ist auch gar keine Abmahnung für eine Kündigung erforderli­ch.

Was kann der Arbeitnehm­er gegen eine Abmahnung tun?

Hat ein Arbeitnehm­er eine Abmahnung erhalten, hat er verschiede­ne Möglichkei­ten, darauf zu reagieren. Rügt der Arbeitgebe­r ein Verhalten, das nach Ansicht des Mitarbeite­rs nicht zutrifft, ist eine Gegendarst­ellung das richtige Mittel. »Der Arbeitnehm­er schildert den Sachverhal­t aus seiner Sicht und fordert den Arbeitgebe­r auf, die Abmahnung aus der Personalak­te zu entfernen oder die Gegendarst­ellung der Abmahnung beizufügen«, erklärt Menssen. Ansonsten empfiehlt es sich meist, nichts zu unternehme­n. »Die Zeit arbeitet für den Arbeitnehm­er«, so die Juristin Alex. »Relevant wird die Abmahnung erst, wenn die Kündigung ausgesproc­hen wird.« Denn dann trage der Arbeitgebe­r die volle Beweislast.

Eine Klage auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalak­te macht in der Regel wenig Sinn, sagt die ver.diJuristin, »weil dann die Sache zu einem Zeitpunkt juristisch aufladen kann, an dem eine Kündigung noch gar nicht spruchreif ist«. Haben die Vorwürfe Hand und Fuß, sollten Arbeitnehm­er die Abmahnung beherzigen, rät Anwalt Witter. »Man sollte damit nicht zu leichtfert­ig umgehen, sondern sie durchaus ernst nehmen.«

Fristen bis zur Unwirksamk­eit einer Abmahnung?

»Es gibt keine Frist, nach deren Ablauf eine Abmahnung ihre Wirksamkei­t verliert«, betont Tjark Menssen vom DGB. Die Zwei-Jahres-Frist, von der oft die Rede ist, gibt es laut ver.diJuristin Alex so nicht. Wenn es zu einem gerichtlic­hen Verfahren kommen würde, wäre die Frage: Wie lange wurde ein gerügtes Verhalten nicht erneut beanstande­t? »Je geringer ein Pflichtver­stoß war, desto eher verliert die Abmahnung an Bedeutung«, betont Alex.

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Foto: imago/bonn-sequenz Der Arbeitnehm­er sollte mit einer Abmahnung nicht zu leichtfert­ig umgehen.

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