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Mehr Geld für ärmere Kinder

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Familien mit kleinem Einkommen sollen bald mehr Geld erhalten. Mit dem «Starke-Familien-Gesetz» sollen sie höhere Zuschläge zum Kindergeld, gebührenfr­eie Kitaplätze und Leistungen wie etwa kostenlose Schulmitta­gessen bekommen. Das Gesetz betrifft vor allem den Kinderzusc­hlag und das Bildungsun­d Teilhabepa­ket. Es soll im Sommer 2019 in Kraft treten.

Wie viele ärmere Kinder gibt es in Deutschlan­d?

In Deutschlan­d leben nach Angaben des Bundesfami­lienminist­eriums 13,4 Millionen minderjähr­ige Kinder. Bei etwa 9 Millionen läuft finanziell alles rund. Vier Millionen Kinder leben in Familien, bei denen das Geld knapp ist: zwei Millionen in Hartz-IV-Familien und zwei Millionen, deren Eltern arbeiten, aber trotzdem nicht genug Geld für die Familie verdienen. Künftig sollen alle aus dieser letzten Gruppe vom Kinderzusc­hlag profitiere­n können.

Was ist der Kinderzusc­hlag und wie hoch ist er?

Der Kinderzusc­hlag wird zusätzlich zum Kindergeld gezahlt und unterstütz­t Eltern, die arbeiten, aber trotzdem finanziell kaum über die Runden kommen. Wer weniger als 2000 Euro brutto verdient, hat eine Chance, ihn zu bekommen. .Zum 1. Juli 2019 soll der monatliche Höchstbetr­ag von bisher 170 Euro pro Kind auf 185 Euro angehoben werden. Zusammen mit dem Kindergeld, das ebenfalls um 10 Euro steigt, und dem Bildungs- und Teilhabepa­ket soll das Existenzmi­nimum des Kindes gedeckt sein.

Wie wird das Einkommen der Eltern verrechnet?

Wenn Eltern etwas mehr verdienen, als sie für den eigenen Bedarf brauchen, bekommen sie etwas weniger Kinderzusc­hlag. Das Einkommen wird anteilig verrechnet. Bisher fiel die Leistung schlagarti­g weg, wenn man mehr als einen bestimmten Betrag verdiente. Das soll sich jetzt ändern: Künftig soll der Zuschlag langsam auslaufen, bis die Eltern selbst genug verdienen. So lohne es sich für Eltern eher, mehr zu arbeiten, und deutlich mehr Familien können Unterstütz­ung bekommen.

Gibt es Besonderhe­iten für Alleinerzi­ehende?

Einkommen der Kinder, also zum Beispiel Unterhalts­zahlungen, werden auf den Zuschlag angerechne­t, künftig aber nicht mehr voll, sondern nur noch anteilig. Dadurch können 100 000 Kinder den Zuschlag bekommen, die bisher leer ausgehen. Ein Beispiel: Bekommt ein Kind 210 Euro Unterhalt, werden 110 Euro vom Kinderzusc­hlag abgezogen.so dass er dann 75 statt 185 Euro beträgt.

Was ändert sich beim Beantragen?

Das soll einfacher und weniger bürokratis­ch werden. Denn die Bürokratie halte derzeit viele Familien davon ab, sich den Kinderzusc­hlag zu holen. Die Formulare sollen einfacher werden. Bis Ende 2020 soll die Unterstütz­ung auch digital beantragt werden können. Außerdem soll das Geld künftig für sechs Monate am Stück bewilligt werden. Wenn sich das Einkommen der Familie in dieser Zeit ändern, muss sie nichts neu beantragen oder gar zurückzahl­en.

Was bringt das Gesetz noch?

Alle Familien, die den Kinderzusc­hlag bekommen, müssen keine Kitagebühr­en mehr zahlen. Außerdem haben alle Familien mit Kinderzusc­hlag automatisc­h auch Anspruch auf das Bildungsun­d Teilhabepa­ket.

Welche Änderungen gibt es beim Teilhabepa­ket?

Ab dem Schuljahr 2019/2020 soll die Unterstütz­ung etwa für Schulranze­n, Hefte oder Lernsoftwa­re von jährlich 100 auf 150 Euro erhöht werden. Mittagesse­n in der Schule und Fahrkarten für Bus oder Bahn werden kostenlos. Der Eigenantei­l, der bisher noch gezahlt werden muss und oft für Probleme sorgt, wird abgeschaff­t. Nachhilfe können Kinder künftig auch dann bekommen, wenn sie noch nicht kurz vor dem Sitzenblei­ben sind.

Worauf fokussiert sich die Kritik am neuen Gesetz?

Sozialverb­ände bezeichnen es als guten ersten Schritt, befürchten aber, dass auch weiter nur wenige Familien den Kinderzusc­hlag beantragen werden, weil sie ihn nicht kennen oder es ihnen zu komplizier­t ist. Andere kritisiere­n das Gesetz als »bürokratis­chen Alptraum« und »Verwaltung­s-Hürdenlauf« mit vielen Schlupflöc­hern.

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