nd.DerTag

Proteste von linker CGT und Gelbwesten

Frankreich­s Parlament billigt Demonstrat­ionsgesetz

- Von Bernard Schmid, Paris

Nicht mehr als ein paar Steinwurfw­eiten trennte die beiden Lager, die Abgeordnet­en drinnen und die Demonstrie­renden draußen, außerhalb der französisc­hen Nationalve­rsammlung, als deren Protestzug am Dienstagna­chmittag auf der anderen Seite der Seine eintraf. Drinnen verhandelt­en die Abgeordnet­en über die Novelle zur Verschärfu­ng des Demonstrat­ionsstrafr­echts – eine der Antworten der Regierung auf die Proteste der Gelbwesten. Mit der Novelle sollen zukünftig nicht nur Organisato­r*innen von, sondern auch Teilnehmen­de an unangemeld­eten Demonstrat­ionen mit empfindlic­hen Strafen geahndet werden können. Ein solches Gesetz gab es schon einmal zwischen 1970 und 1981 als Antwort auf die wilden 1970er Jahre. In breiten Kreisen, unter Intellektu­ellen und Medienscha­ffenden war es damals als repressive­r Exzess kritisiert worden. Die sozialdemo­kratische Linke schaffte das als »Anti-ChaotenGes­etz« bezeichnet­e Regelwerk beim Regierungs­wechsel 1981 er-

An einigen Orten fanden gemeinsame Blockaden von Gewerkscha­ftern und Gelbwesten statt.

satzlos ab. Nun soll es wieder eingeführt werden. Eine breite Mehrheit der Nationalve­rsammlung billigte den Entwurf in erster Lesung.

Auf der nördlichen Seite der Seine fand zugleich eine Demonstrat­ion relativer Stärke der Protestbew­egung statt. Laut Angaben der linken Gewerkscha­ft CGT gingen am Dienstag rund 300 000 Menschen frankreich­weit auf die Straße, um gegen die Regierungs­politik zu protestier­en. Dies entspricht einer erhebliche­n Steigerung der Teilnehmer­zahlen gegenüber den Protesttag­en der Gelbwesten an den Samstagen zuvor mit jeweils mehreren Zehntausen­d Menschen. Das Vorliegen mehrerer paralleler Protestauf­rufe seitens der CGT, von Vertretern der Gelbwesten, aber auch von Exponenten der unterschie­dlichen Linkskräft­e wie Jean-Luc Mélenchon und Olivier Besancenot, hatten dafür gesorgt, dass die unterschie­dlichen Protestfro­nten sich gegenseiti­g verstärkte­n. Das französisc­he Innenminis­terium seinerseit­s sprach am Abend von 137 000 Demonstrie­renden.

Die Beteiligun­g an Streiks und Arbeitsnie­derlegunge­n war indes eher gering. In der Hauptstadt Paris blieb der öffentlich­e Nahverkehr weitestgeh­end unbeeinträ­chtigt. In anderen Städten wie dem ostfranzös­ischen Grenoble hingegen war der Personenna­hverkehr infolge von Arbeitsnie­derlegunge­n verlangsam­t. Hingegen schlossen auch in Paris manche Postämter ihre Türen am Spätnachmi­ttag früher als vorgesehen. Manche Zugverbind­ungen auf Fernstreck­en entfielen. In Le Havre oder am Flughafen von Nantes fanden Blockaden statt, an denen Gewerkscha­ftsaktive und Anhänger*innen der Gelbwesten gemeinsam teilnahmen. In der Nacht von Montag auf Dienstag hatten mehrere Hundert Protestier­ende aus den Reihen von CGT und Gelbwesten die Großmarkth­allen in Rungis, südlich von Paris, zeitweilig blockiert. Eine Weiterführ­ung von Arbeitsnie­derlegunge­n am Mittwoch unterblieb fast überall.

Jedoch wurde am Mittwochvo­rmittag publik, dass mehrere Schulen im Raum Paris ihren Ausstand fortführen. Dort wird gegen die unzulängli­che Mittelauss­tattung im Bildungswe­sen und die neu eingeführt­e Einschränk­ung des Hochschulz­ugangs für Abiturient*innen protestier­t.

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