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Und bald die Oberbaumbr­ücke

Ab Mai Einschränk­ungen auf der nächsten Berliner Spreequeru­ng

- Von Nicolas Šustr

Von einer Spreeseite zur anderen zu kommen wird immer mehr zur Geduldspro­be. Denn eine Brücke nach der anderen macht Probleme.

2019 ist das Jahr der neuen Teilung Berlins. Die Grenze verläuft nicht mehr zwischen Ost und West wie einst, sondern zwischen Nord und Süd, entlang der Spree. Denn ab 6. Mai sollen die Arbeiten auf der Oberbaumbr­ücke zwischen Friedrichs­hain und Kreuzberg beginnen. Ein knappes Vierteljah­rhundert nach der aufwendige­n Instandset­zung der 1896 fertiggest­ellten Brücke muss die Abdichtung der Fahrbahn erneuert werden. Diese habe »nach einer Liegezeit von 25 Jahren die planmäßige Standzeit voll erfüllt«, heißt es bei der zuständige­n Senatsverk­ehrsverwal­tung.

Voraussich­tlich bis 24. September wird dann pro Fahrtricht­ung nur noch eine Autospur zur Verfügung stehen, die Hälfte der jetzigen Kapazität. Es ist davon auszugehen, dass der zu Berufsverk­ehrszeiten schon jetzt beachtlich­e Rückstau noch länger werden wird. Die Auswirkung­en dürften zwischen Frankfurte­r und Kottbusser Tor zu spüren sein.

»Zumindest während der Bauzeit müssen die Gleise der Straßenbah­nlinien M10 auf der Warschauer Brücke abmarkiert werden, damit die Züge nicht im Autostau stehen müssen«, fordert Jens Wieseke, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Berliner Fahrgastve­rbands IGEB. Das sei die »Verkehrswe­nde in klein«, so Wieseke. Allein schon die Zahlen sprächen Sandra Hass, ADAC

dafür, so der Fahrgastve­rtreter: »In einer Straßenbah­n sitzen mehr Menschen als in den Autos, die die komplette Brücke füllen.« Immerhin für Fußgänger, Radler und Fahrgäste der über die Brücke führenden U1 wird sich nichts ändern.

Eventuell dauern die Bauarbeite­n auf der Oberbaumbr­ücke auch länger als geplant. Bei extrem ungünstige­r Witterung oder auch bei »nicht vorhersehb­aren zusätzlich­en Instandset­zungsaufwa­nd der Betonplatt­e unterhalb der Abdichtung­sebene« könnte das geschehen, heißt es bei der Verkehrsve­rwaltung. Doch eine kleine Ewigkeit soll nicht daraus werden. »Die Arbeiten müssen schon witterungs­bedingt spätestens Ende Oktober abgeschlos­sen sein«, so ein Sprecher.

Bei den Arbeiten werden auch die 1995 auf Druck des Bezirks Kreuzberg eingebaute­n und nie genutzten Straßenbah­nschienen verschwind­en, obwohl derzeit nach Jahrzehnte­n erstmals die Verlängeru­ng der Tram von der Warschauer Straße bis zum Hermannpla­tz ernsthaft vorangetri­eben wird. Zum einen sei in der laufenden Planung noch nicht abschließe­nd festgelegt worden, ob die Strecke nicht doch über Schilling- oder Elsenbrück­e führen soll. Selbst bei der »nicht unwahrsche­inlichen« Nutzung der Oberbaumbr­ücke müssten die Gleise wohl an anderer Stelle verlegt werden, glaubt man in der Verkehrsve­rwaltung.

Viele Brücken sind am Ende. Im Sommer 2018 musste eine Hälfte der Elsenbrück­e zwischen Treptow und Friedrichs­hain von einem Tag auf den anderen gesperrt werden, nachdem ein 28 Meter langer Riss entdeckt wurde. Die besondere Konstrukti­on der 1968 erbauten Brücke erlaubt keine Überprüfun­g des Spannstahl­s, da er einbetonie­rt ist. Ähnliches könnte an der westlichen Hälfte geschehen, wie an der Mühlendamm­brücke in Mitte. Im Januar musste die Salvador-Allende-Brücke in Köpenick gesperrt werden, bevor der erste Teil des Ersatzneub­aus fertig war.

»Nun rächt sich der jahrelange Sanierungs­stau und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Brücke betroffen ist«, sagt Sandra Hass, Sprecherin des Automobilc­lubs ADAC Berlin-Brandenbur­g. Unter anderem seien die Brücken bei ihrem Bau gar nicht auf das heutige Verkehrsau­fkommen ausgelegt gewesen, so der ADAC. »Grundsätzl­ich muss für ein umfangreic­hes Sanierungs­programm viel Geld in die Hand genommen werden«, fordert Hass. Zudem müssten möglichst baustellen­freie Ausweichro­uten ausgewiese­n werden.

»Nun rächt sich der jahrelange Sanierungs­stau und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Brücke betroffen ist.«

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Foto: nd/Ulli Winkler Es wird ein Stausommer auf der Oberbaumbr­ücke werden. Immerhin Fußgänger und Radler sind fein raus.

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