Und bald die Oberbaumbrücke
Ab Mai Einschränkungen auf der nächsten Berliner Spreequerung
Von einer Spreeseite zur anderen zu kommen wird immer mehr zur Geduldsprobe. Denn eine Brücke nach der anderen macht Probleme.
2019 ist das Jahr der neuen Teilung Berlins. Die Grenze verläuft nicht mehr zwischen Ost und West wie einst, sondern zwischen Nord und Süd, entlang der Spree. Denn ab 6. Mai sollen die Arbeiten auf der Oberbaumbrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg beginnen. Ein knappes Vierteljahrhundert nach der aufwendigen Instandsetzung der 1896 fertiggestellten Brücke muss die Abdichtung der Fahrbahn erneuert werden. Diese habe »nach einer Liegezeit von 25 Jahren die planmäßige Standzeit voll erfüllt«, heißt es bei der zuständigen Senatsverkehrsverwaltung.
Voraussichtlich bis 24. September wird dann pro Fahrtrichtung nur noch eine Autospur zur Verfügung stehen, die Hälfte der jetzigen Kapazität. Es ist davon auszugehen, dass der zu Berufsverkehrszeiten schon jetzt beachtliche Rückstau noch länger werden wird. Die Auswirkungen dürften zwischen Frankfurter und Kottbusser Tor zu spüren sein.
»Zumindest während der Bauzeit müssen die Gleise der Straßenbahnlinien M10 auf der Warschauer Brücke abmarkiert werden, damit die Züge nicht im Autostau stehen müssen«, fordert Jens Wieseke, stellvertretender Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbands IGEB. Das sei die »Verkehrswende in klein«, so Wieseke. Allein schon die Zahlen sprächen Sandra Hass, ADAC
dafür, so der Fahrgastvertreter: »In einer Straßenbahn sitzen mehr Menschen als in den Autos, die die komplette Brücke füllen.« Immerhin für Fußgänger, Radler und Fahrgäste der über die Brücke führenden U1 wird sich nichts ändern.
Eventuell dauern die Bauarbeiten auf der Oberbaumbrücke auch länger als geplant. Bei extrem ungünstiger Witterung oder auch bei »nicht vorhersehbaren zusätzlichen Instandsetzungsaufwand der Betonplatte unterhalb der Abdichtungsebene« könnte das geschehen, heißt es bei der Verkehrsverwaltung. Doch eine kleine Ewigkeit soll nicht daraus werden. »Die Arbeiten müssen schon witterungsbedingt spätestens Ende Oktober abgeschlossen sein«, so ein Sprecher.
Bei den Arbeiten werden auch die 1995 auf Druck des Bezirks Kreuzberg eingebauten und nie genutzten Straßenbahnschienen verschwinden, obwohl derzeit nach Jahrzehnten erstmals die Verlängerung der Tram von der Warschauer Straße bis zum Hermannplatz ernsthaft vorangetrieben wird. Zum einen sei in der laufenden Planung noch nicht abschließend festgelegt worden, ob die Strecke nicht doch über Schilling- oder Elsenbrücke führen soll. Selbst bei der »nicht unwahrscheinlichen« Nutzung der Oberbaumbrücke müssten die Gleise wohl an anderer Stelle verlegt werden, glaubt man in der Verkehrsverwaltung.
Viele Brücken sind am Ende. Im Sommer 2018 musste eine Hälfte der Elsenbrücke zwischen Treptow und Friedrichshain von einem Tag auf den anderen gesperrt werden, nachdem ein 28 Meter langer Riss entdeckt wurde. Die besondere Konstruktion der 1968 erbauten Brücke erlaubt keine Überprüfung des Spannstahls, da er einbetoniert ist. Ähnliches könnte an der westlichen Hälfte geschehen, wie an der Mühlendammbrücke in Mitte. Im Januar musste die Salvador-Allende-Brücke in Köpenick gesperrt werden, bevor der erste Teil des Ersatzneubaus fertig war.
»Nun rächt sich der jahrelange Sanierungsstau und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Brücke betroffen ist«, sagt Sandra Hass, Sprecherin des Automobilclubs ADAC Berlin-Brandenburg. Unter anderem seien die Brücken bei ihrem Bau gar nicht auf das heutige Verkehrsaufkommen ausgelegt gewesen, so der ADAC. »Grundsätzlich muss für ein umfangreiches Sanierungsprogramm viel Geld in die Hand genommen werden«, fordert Hass. Zudem müssten möglichst baustellenfreie Ausweichrouten ausgewiesen werden.
»Nun rächt sich der jahrelange Sanierungsstau und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Brücke betroffen ist.«