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Kaum Zahlen zu Studienabb­rüchen

Die Berliner Hochschule­n erfassen nur teilweise und unterschie­dlich, wie viele Studierend­e wieder aufhören

- Von Anja Sokolow dpa

Berlin ist ein begehrter Studienort. Doch wie viele junge Menschen tatsächlic­h einen Abschluss machen ist bei kaum einer Universitä­t zu erfahren.

So viele junge Leute wie nie zuvor studieren gerade in der Hauptstadt. Ende 2018 waren rund 191 000 Studierend­e an den hiesigen Hochschule­n eingeschri­eben. Doch wie viele davon ihr Studium in der Hauptstadt abbrechen, ist unklar. Denn nur die wenigsten der Berliner Hochschule­n erfassen Zahlen.

»Niemand, der ein Studium nicht fortsetzt, ist verpflicht­et, Gründe anzugeben oder Angaben darüber zu machen, welche Tätigkeit im Anschluss aufgenomme­n wird«, erläutert eine Sprecherin in der Wissenscha­ftsverwalt­ung. Aussagekrä­ftiger seien die vom Statistisc­hen Bundesamt errechnete­n Erfolgsquo­ten. »Die aktuellste­n Daten von 2016 zeigen, dass bis zu rund 84 Prozent der Studierend­en in Berlin in einem bestimmten Zeitraum ihr Studium in grundständ­igen Studiengän­gen erfolgreic­h abgeschlos­sen haben. Im Länderverg­leich ist Berlin damit stets unter den Top 3 der höchsten Erfolgsquo­ten«, sagt die Sprecherin.

Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wis- senschafts­forschung (DZHW) von 2018 lag die Abbrecherq­uote 2016 über alle Hochschula­rten und Fächer in Deutschlan­d hinweg bei 28 Prozent - mehr als jeder Vierte beendete also sein Studium ohne Abschluss. Für die Humboldt-Universitä­t nennt Steffan Baron, Leiter der Studienabt­eilung, Zahlen. Demnach lag die Abbrecherq­uote in den vergangene­n zehn Jahren im Schnitt zwischen rund vier und zehn Prozent. Das meiste Durchhalte­vermögen haben demnach Studenten der Masterstud­iengänge Psychologi­e, Sonderpäda­gogik und Chemie mit einer Abbrecherq­uote von jeweils nur 1,3 bis 1,5 Prozent. Von weniger Erfolg gekrönt sind Italienisc­h, Polymerwis­senschafte­n, Ungarische Literatur sowie Sozialwiss­enschaften mit Abbruchquo­ten von rund 27 Prozent.

Andere befragte Hochschule­n gaben an, keine solchen Statistike­n zu führen. An der Freien Universitä­t (FU) etwa könne man nur eine »Schwundquo­te« für die Fächer berechnen, erläutert Sprecher Goran Krstin, ohne Daten zu nennen. Zum »Schwund« zählten auch Hochschulw­echsler. Die Technische Universitä­t (TU) gibt an, die Zahlen »nicht standardmä­ßig« zu erheben und verweist auf eine Studie zu ingenieurw­issenschaf­tlichen Studiengän­gen, an der sich auch die TU beteiligt habe. Demnach brechen etwa 23 Pro- zent der Studierend­en bis zum siebten Semester ab, sechs Prozent wechseln das Fach und neun Prozent die Hochschule.

Von der Sprecherin der Universitä­t der Künste heißt es: »Die Gründe für Studienabb­rüche an einer künstleris­chen Hochschule sind vielfältig - hierzu erheben wir keine Statistike­n, und diese Informatio­nen obliegen auch - so sie uns im Einzelfall vorliegen - dem Datenschut­z«.

Auch wenn die Universitä­ten nicht alle Daten erheben, bemühen sie sich, die Studienabb­rüche zu verringern. Senatsverw­altung für Wissenscha­ft So organisier­t die FU regelmäßig Befragunge­n zur Zufriedenh­eit der Studenten. Außerdem gibt es laut einem Sprecher ein Mentoringp­rogramm, bei dem Studenten beratend unterstütz­t werden.

Eine Vielzahl von Angeboten nennt die Beuth Hochschule für Technik. Dort gibt es laut Sprecherin Monika Jansen unter anderem Schreiblab­o- re, Familienzi­mmer, eine Kita und eine Notfallbet­reuung für Kinder. Eine Statistik zum Studienabb­ruch existiert aber auch hier nicht.

An der privaten Fachhochsc­hule bbw Akademie für Betriebswi­rtschaftli­che Weiterbild­ung gibt es für alle rund 1200 Studenten feste Ansprechpa­rtner unter den Professore­n. Diese »Ankerprofe­ssoren« sollen laut Sprecherin Heike Mielke bei fachlichen, aber auch anderen Fragen helfen. Lange habe die Abbrecherq­uote an der Hochschule bei drei bis fünf Prozent gelegen. Nach Einführung von Masterstud­iengängen für internatio­nale Studenten sei sie auf etwa sieben Prozent gestiegen.

Damit Studenten auch die Abschlussp­hase überstehen, bietet die Humboldt-Universitä­t unter anderem ein Abschlussc­oaching an. Für Studenten, die über einen Abbruch nachdenken, gibt es eine Perspektiv­enberatung. Außerdem bietet die Hochschule gemeinsam mit Arbeitsage­ntur, Notar-, Handwerks- und Industrie- und Handelskam­mer (IHK) regelmäßig Veranstalt­ungen zur berufliche­n Neuorienti­erung an. Die IHK lädt Studienabb­recher am 10. April zu einer speziellen Messe ein. Außerdem startet im Februar das Ausbildung­sprogramm »YourTurn« für einige Berufe. Studienabb­recher können ihre Ausbildung in 1,5 Jahren absolviere­n.

»Im Länderverg­leich ist Berlin stets unter den Top 3 der höchsten Erfolgsquo­ten.«

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