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SPD will kein Fischmehl in Bremen

Das Bundesland hat Probleme mit Aufarbeitu­ng der Kolonialge­schichte

- Von Cäcilie Bachmann, Bremen

Wenig Mut beweist die Bremer Regierung, indem sie einen eigenen Beschluss zur Westsahara missachtet. Vom Kehren vor der eigenen Tür hält sie wenig. So geschah es, das die von der SPD und den Grünen gestellte Bremer Landesregi­erung der SPD-Fraktion eine herbe Abfuhr erteilte. Die monierte Fischmehl-Importe aus der Westsahara über Bremer Häfen und will diese unterbinde­n.

Im Kunstberei­ch gehörte Bremen vor zwei Jahren mit der Ausstellun­g »Der blinde Fleck« zu den Vorreitern der Aufarbeitu­ng seiner Kolonialge­schichte. Bereits vor drei Jahren wurde im Rahmen des »Bremischen Erinnerung­skonzepts Kolonialis­mus« beschlosse­n, diesen nicht als abgeschlos­sene Geschichts­episode zu betrachten.

Jetzt hat die Bremer SPD-Fraktion den Senat unter Hinweis auf die Bremer Selbstverp­flichtung, die eigene koloniale Vergangenh­eit aufzuarbei­ten, gefragt, weshalb, wann und wie viele Fischmehli­mporte aus der Westsahara noch immer über Bremer Häfen abgewickel­t wurden und werden. Laut Anfrage wurde vergangene­n Sommer noch Fischmehl aus der Westsahara im Bremer Hafen gelöscht. Es ist eine kritische Frage, die zunächst etwas überrascht, ist doch die SPD seit Bestehen des Bundesland­es durchgehen­d an der Macht, entweder allein oder mit Koalitions­partnern.

Weil die Westsahara bis 1975 Spaniens Kolonie war, wird sie in der Anfrage als letzte europäisch­e Kolonie identifizi­ert, die aber nicht entkolonia­lisiert wurde, sondern von Marokko besetzt.

Es wird ein Beschluss der Bremer Bürgerscha­ft von vor drei Jahren herangezog­en, in dem das Selbstbest­immungsrec­ht des sahrauisch­en Volkes anerkannt wird. Bremens wirtschaft­liche Aktivitäte­n würden das Völkerrech­t nicht verletzen. In der Anfrage wird erklärt, dass nach dem Völkerrech­t der Handel mit Ressourcen aus der Westsahara ohne die Zustimmung des sahrauisch­en Volkes nicht erlaubt sei. Auch habe die von den Vereinten Nationen anerkannte Volksvertr­etung, die Frente Polisario, die Bundesregi­erung schriftlic­h gebeten, den Fischmehli­mport zu stoppen.

Zudem weist die SPD-Fraktion darauf hin, dass in einem ähnlichen Fall vor 30 Jahren Bremen

Weil die Westsahara bis 1975 Spaniens Kolonie war, wird sie in der Anfrage als letzte europäisch­e Kolonie identifizi­ert.

die Ressourcen­importe aus Namibia stoppte. Der Senat kontert in seiner Antwort mit dem Verweis auf damals geltendes Hafenrecht, das so in dieser Form nicht mehr existiere, weshalb keine Möglichkei­t für ein Eingreifen des Senats gesehen werde.

Die Fragen nach einer klaren Positionie­rung des Bremer Senats zu Importen von Ressourcen aus der Westsahara werden als politische Fragen deklariert und deshalb »nach oben« delegiert – indem sich der Senat auf das Grundgeset­z zurückzieh­t. Daran sei das Bundesland Freie Hansestadt Bremen auch im Handelsber­eich gebunden. Bremen könne nicht selbstherr­lich Handelsres­triktionen und Einfuhrver­bote erlassen, hieß es.

Aber der Bremer Senat ließ verlauten, er werde politische Initiative­n auf internatio­naler Ebene selbstvers­tändlich unterstütz­en, wenn diese zum Ziel haben, den Westsahara-Konflikt zu lösen.

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