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Biathlon auf Expansions­kurs

Neue Märkte durch Weltcups in Kanada und den USA

- Von Nicolas Reimer, Canmore SID/nd

Temperatur­en bis zu minus 20 Grad, dazu der eisige Wind und eine unterkühlt­e Atmosphäre am Streckenra­nd: Die Vorzeichen für den Biathlonwe­ltcup in Canmore lösen bei Arnd Peiffer nur wenig Begeisteru­ng aus. Der SprintOlym­piasieger hätte sich die Reise nach Übersee deshalb allzu gerne erspart – zumal ihm die Terminieru­ng gar nicht gefällt. »Das ist sehr unglücklic­h, das direkt vor der WM einzustreu­en«, sagt Peiffer mit Blick auf die Rennen ab Donnerstag in Kanada und Soldier Hollow in den USA die Woche darauf. Auf die Reiserei habe ohnehin »niemand so richtig Bock«, meint der 31-Jährige, »und viele Leute werden da auch nicht sein. Das interessie­rt dort doch keinen.« Genau das will der Weltverban­d IBU aber ändern.

Die Wettkämpfe in Nordamerik­a sind Teil einer Expansions­strategie, durch die endlich neue Märkte außerhalb Europas er-

»Viele Leute werden da auch nicht sein. Das interessie­rt dort doch keinen.« Biathlet Arnd Peiffer über den Weltcup in Canmore

schlossen werden sollen. Die IBU habe schließlic­h die Aufgabe, »den Sport durch Veranstalt­ungen auch in anderen Regionen wachsen zu lassen«, heißt es in einer Mitteilung. Und weiter: »Nordamerik­a ist ein Winterspor­tkontinent, den wir nicht außer Acht lassen dürfen.«

Die Sportler sind angesichts der Minusgrade dick eingemumme­lt, sie beklebten ihr Gesicht mit wärmenden Pflastern. Sollte die Kälte anhalten, stehen sogar Rennabsage­n (obligatori­sch ab minus 20 Grad) im Raum. Bei Temperatur­en von minus 15 Grad entscheide­t die Jury über den Start – die Staffeln wurden bereits von Sonnabend auf Freitag vorverlegt. Die IBU hofft natürlich auf Wettkämpfe, denn Biathlon scheint in den USA und Kanada allmählich Gefallen zu finden. Dank der Sportler, die in den vergangene­n Jahren bei Großevents immer wieder Medaillen gewonnen haben, stieg die Aufmerksam­keit in der Öffentlich­keit ein wenig an. Erstmals in der Geschichte des Sports verpflicht­ete sich der Sender NBC auf der Grundlage eines Vierjahres­vertrags dazu, alle Rennen der Saison auszustrah­len.

Was zunächst einmal gut klingt, hat allerdings mehrere Haken: Die Wettkampfz­eiten sind immer noch auf den europäisch­en Markt ausgericht­et. Um 10.00 Uhr morgens werden sich nur wenige Amerikaner das Spektakel im Fernsehen anschauen können, geschweige denn an der Strecke aufkreuzen. Außerdem geht aus dem Terminkale­nder der IBU hervor, dass bis mindestens 2022 keine weiteren Rennen in Nordamerik­a stattfinde­n werden.

»Dass man da Riesenmärk­te erschließt, das wage ich zu bezweifeln«, meint Peiffer, der aber »grundsätzl­ich versteht, dass die IBU ihren Radius erweitern will«. Weniger kritisch beurteilt Teamkolleg­e Erik Lesser die Situation – er freut sich sogar »extrem« auf die zwei Wochen. »Es heißt ja Weltcup und nicht Europacup, daher ist das eine super Sache«, sagt der 30-Jährige, der sich mit Wohlwollen an die letzten Austragung­en in Nordamerik­a 2016 erinnert. »Das war schön, weil dich dort niemand gekannt hat und man in Ruhe joggen konnte.«

Von den Stars haben nur Frankreich­s Martin Fourcade und der Deutsche Simon Schempp auf die Reise verzichtet – um ihre Formschwäc­he mit Blick auf die WM im März beheben wollen. Ansonsten steht das Beste am Start, was der Biathlon zu bieten hat.

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