nd.DerTag

Die Verschränk­ten

Stephan Fischer über Merkels Treffen mit der Visegrád-Gruppe

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Die Visegrád-Gruppe, bestehend aus vier Staaten des östlichen Mitteleuro­pas, erschien in den letzen Jahren des Öfteren als »Union in der Union«. So unterschie­dlich Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn auch sein mögen: Vor allem der von Deutschlan­d propagiert­en Flüchtling­spolitik, namentlich der Aufnahme von Flüchtling­en und/oder Migranten, standen sie ablehnend, gleichsam mit verschränk­ten Armen gegenüber. Angela Merkel wurde zum Symbol offener Grenzen – und oft bis in die rechten Regierunge­n hinein zum Feindbild erkoren, vor allem in Ungarn oder Polen.

Derzeit scheinen die seit Sommer 2015 verhärtete­n Fronten aber aufgeweich­t, kann von einer »Union in der Union« in Opposition vor allem gegenüber Deutschlan­d keine Rede sein. Und das hat mit der Union zu tun, namentlich der Europäisch­en – und ihres Fortbestan­ds während des und nach dem Brexit. Die Regierunge­n der Visegrád-Gruppe wissen um die Verschränk­ungen ihrer Volkswirts­chaften mit deutschen Firmen und deutschem Kapital – eine nicht einfache Bindung, wie Streiks bei Audi im ungarische­n Györ oder polnische Klagen über deutschen Kapitalein­fluss in Medien zeigen. Aber ökonomisch sind die Staaten angesichts des zu erwartende­n Brexit-Chaos noch stärker auf ein stabiles Deutschlan­d angewiesen. Da trifft es sich, dass das hoch emotionale und hoch symbolisch­e Thema »Flüchtling­e« derzeit auf europäisch­er Ebene so gut wie überhaupt keine Rolle spielt.

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