Kartellamt schränkt Facebook ein
User sollen künftig Nutzung von Fremddaten ausdrücklich zustimmen
Bonn. Das Bundeskartellamt will Facebook bei der Verarbeitung und Nutzung von Daten anderer Internetseiten einschränken. »Wir nehmen bei Facebook für die Zukunft eine Art innere Entflechtung bei den Daten vor«, sagte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, am Donnerstag in Bonn zum Abschluss des sogenannten Facebook-Verfahrens. Das US-amerikanische Unternehmen dürfe »seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen«, betonte der Chef der Wettbewerbsbehörde. Facebook kündigte an, juristisch gegen diese Auflagen vorzugehen.
Der Umfang, mit dem Facebook Daten ohne Einwilligung der Nutzer sammelt, sei »missbräuchlich«, teilte das Bundeskartellamt weiter mit. Die Datensammlung betrifft den Angaben zufolge nicht nur Dienste wie WhatsApp oder Instagram, sondern alle Internetseiten, die einen Gefällt-mir-Button von Facebook integriert haben.
Das Bundeskartellamt betritt juristisches Neuland mit der Verknüpfung von Datenschutz und Wettbewerbsaufsicht. Das Online-Netzwerk wehrt sich.
Das Bundeskartellamt will die Sammlung von Nutzerdaten durch Facebook in Deutschland massiv einschränken und damit einen Präzedenzfall für die Online-Wirtschaft schaffen. Das Kartellamt verfügte »weitreichende Beschränkungen« bei der Verarbeitung von Nutzerdaten. Das Online-Netzwerk darf danach Daten seiner Dienste wie Instagram und Whatsapp oder von Websites anderer Anbieter nur noch mit dem FacebookKonto des Nutzers verknüpfen, wenn dieser es ausdrücklich erlaubt hat. »Es ist so eine Art interne Entflechtung der Datenverarbeitung bei Facebook«, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Donnerstag in Bonn. Wenn der Nutzer die Einwilligung verweigere, dürfe Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen.
Das Online-Netzwerk hat nun zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern. Komme Facebook den Auflagen nicht nach, könne das Kartellamt wiederholt Zwangsgelder von jeweils bis zu zehn Millionen Euro verhängen. Facebook kann Beschwerde gegen die Entscheidung des Kartellamts beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen und mit einem Eilantrag die Aussetzung der Fristen beantragen. Das Online-Netzwerk machte bereits deutlich, dass es sich vor Gericht wehren will. Der Fall könnte durch die Verknüpfung von Datenschutz und Wettbewerbsaufsicht wegweisend werden – und jahrelang durch die Instanzen gehen.
»Wir sind dabei, kartellrechtliche Leitplanken in die Internetökonomie einzuziehen«, sagte Kartellamtspräsident Mundt. »Der Nutzer gewinnt ein Stück Datenhoheit zurück.« Er könne in Zukunft selbst bestimmen, welche Daten von ihm genutzt und wie sie zusammengeführt werden. Die Entscheidung des Kartellamts gelte aber nicht rückwirkend für bereits von Facebook gesammelte und verknüpfte Daten, schränkte er ein.
Die Entscheidung der Wettbewerbshüter traf bei Verbraucherschützern und in der Politik auf breite Zustimmung. »Der Datensammelwut des Unternehmens wird nun zum Schutze von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch mit Mitteln des Kartellrechts begegnet«, sagte der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband, Klaus Müller. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck nannte den Beschluss »wegweisend«. Facebook müsse entflochten und das europäische Wettbewerbsrecht reformiert werden. Vom Digitalverband Bitkom kam hingegen Kritik: Der Versuch, eine große Plattform zu regulieren, werde wieder einmal negative Folgen für kleine Unternehmen, Verlage und Internetnutzer haben. Denn sie profitierten zum Beispiel von den »Like«-Buttons.
Das Kartellamt wirft Facebook vor, seine marktbeherrschende Stellung für unzulässige Vertragsbedingungen zu nutzen. »Facebook vermisst den Nutzer bis ins Detail«, sagte Mundt. Es komme auch nicht darauf an, dass für die Nutzung von Facebook kein Geld bezahlt werden müsse. »Die Daten sind das Öl, dass die Internetwirtschaft schmiert«, betonte der Kartellamtschef. »Die Daten haben einen hohen Wert. Deshalb ist das Wort kostenlos in diesem Zusammenhang auch unangebracht.«
Facebook kontert, das OnlineNetzwerk sei zwar populär, aber habe keine marktbeherrschende Stellung. »Das Bundeskartellamt unterschätzt den starken Wettbewerb, dem wir in Deutschland ausgesetzt sind«, heißt es in einer Mitteilung. Zudem sei das Kartellamt gar nicht zuständig. Facebook halte sich an die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), für deren Kontrolle die irische Datenschutzbehörde zuständig sei.