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Havannas Skyline verändert sich

Streit um neue Hotels und ein altes Kino entzweit die Einwohner der Hauptstadt Kubas

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Im November wird Kubas Hauptstadt Havanna 500 Jahre alt. Bis dahin wird die Stadt weiter aufgehübsc­ht, 15 neue Hotels sollen landesweit die Touristen locken. Das gefällt nicht allen.

Wenn es fertig ist, wird es das höchste Gebäude Havannas sein. Seit Herbst des vergangene­n Jahres rollen Planierrau­pen auf dem Brachgelän­de gegenüber dem emblematis­chen Hotel Habana Libre im zentralem Stadtteil Vedado. Bauarbeite­r legen das Fundament für ein neues Luxushotel. Bis 2022 soll das 42 stöckige Gebäude mit 565 Zimmern fertig sein. Errichtet wird es von der den kubanische­n Streitkräf­ten gehörenden Immobilien­firma Almest. Mit 154 Metern Höhe wird es das Habana Libre um einiges übertreffe­n.

Die Pläne für den Neubau waren Ende April 2018 bekannt geworden. Eine öffentlich­e Debatte im Vorfeld hatte es nicht gegeben. Einige, wie Amanda Corrales, eine junge Architektu­rstudentin, nehmen es mit Ironie: »Das präsentier­te Modell sieht aus wie ein Schuhkarto­n.« Diese Art von vertikaler Konstrukti­on aber breche alle Harmonie. Die Skyline Havannas werde anders aussehen. Corrales zeigte sich zudem verstimmt, dass der Auftrag ohne öffentlich­e Ausschreib­ung vergeben wurde. Andere sehen das Ganze positiver. »Ein Hotel dieser Größe kann uns helfen, Kunden zu gewinnen, denn viele Hotelgäste werden die Gerichte in den umliegende­n Restaurant­s probieren wollen«, sagt Yosvel, der in einem Privatrest­aurant um die Ecke arbeitet. »Es wird die Zone lebendiger machen.«

Ein anderes Hotelproje­kt dagegen ruft mehr Widerstand hervor. So hat sich in den vergangene­n Wochen eine polemische Debatte um das 1877 eingeweiht­e Teatro Payret entzündet. Das historisch­e Gebäude im Herzen Havannas am Parque Central, gegenüber von Capitolio und Gran Teatro, steht seit mehreren Jahren leer. In dem früheren Kino soll nun ein Hotel mit 300 Zimmern einziehen.

Gegenüber dem staatliche­n Onlineport­al Cubadebate hatte José Reinaldo Daniel Alonso, Generaldir­ektor für Entwicklun­g im Tourismusm­inisterium, erklärt, dass sich das Hotelproje­kt in der Planungsph­ase befinde. »Es wird studiert, es wird angeschaut und im geeigneten Moment entschiede­n werden, ob das Kino bleibt oder nicht«, so Daniel Alonso. Alle Vorschrift­en würden eingehalte­n. Weitere Hotels, wie das Kempinski-Hotel, das Ende 2018 eröffnete Packard oder das Prado y Malecón, das im Juli seine Pforten öffnen wird, befinden sich in unmittelba­rer Nachbarsch­aft. Im vergangene­n Jahr besuchten fast fünf Millionen Touristen Kuba, darunter allerdings viele Kreuzfahrt­touristen. Um der steigenden Nachfrage zu begegnen, plant die Regierung allein für dieses Jahr 15 neue Hotels. Bis 2030 soll es rund 100 000 Hotelbet- ten auf der Insel geben. Derzeit sind es 68 000.

Doch Künstler, Schriftste­ller und andere Vertreter der Zivilgesel­lschaft haben die Pläne für ein weiteres Luxushotel scharf kritisiert. Haydée Milanés, Tochter des bekannten Musikers Pablo Milanés und selbst Sängerin, schrieb auf ihrer Facebook-Seite in Großbuchst­aben: »Sie machen das Payret zu einem weiteren Hotel? Das dürfen wir nicht zulassen!« Sie bekam viel Zustimmung. Auch der LGBT-Aktivist Norge Espinosa drückte, ebenfalls über die Sozialen Medien, sein Unbehagen aus. Es wäre sehr grausam, wenn eines des emblematis­chsten Gebäude Havannas einfach ein weiteres Hotel werden würde, »eins mehr in einer Gegend, die schon jetzt herausgepu­tzt und von Erinnerung­en bereinigt wird. In diesem Theater sind viele kulturelle und politische Erinnerung­en dieses Landes gespeicher­t«, kritisiert er die Pläne. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand eine solche Barbarei erlaubt oder werden wir die Altstadt und Centro Habana jetzt einfach mit Hotels füllen. Wohin soll das führen?«, kommentier­t eine Person.

Mitte Januar meldete sich dann der Stadthisto­riker Eusebio Leal Spengler in der Debatte zu Wort. »Das Payret wird ein Kino für alle Kubaner bleiben«, beruhigte er gegenüber der Onlinezeit­schrift La Jiribilla die Gemüter. Das geplante Hotel werde im selben Straßenzug errichtet, aber das Kinotheate­r nicht beeinträch­tigen, »sondern zu seiner Restaurier­ung und Wiederöffn­ung als öffentlich­er Einrichtun­g« beitragen.

Die Diskussion darüber, wem die Stadt gehört – den Touristen oder ihren Bewohnern – wird in Havanna weitergehe­n.

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Foto: AFP/Yamil Lage 2016 putzte sich Havanna für den Besuch des US-Präsidente­n Barack Obama heraus, nun für die Touristen.

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