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Hans Coppi im Gespräch über Werbung mit seinem Familienna­men

Ein Immobilien­projekt sollte den Familienna­men von Hans Coppi tragen – das ist abgeblasen

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Kürzlich hatten Berichte die Runde gemacht, wonach der niederländ­ische Investor Hendrik van Caem einen auf 11 000 Quadratmet­ern geplanten Gewerbepar­k in Lichtenber­g »Coppi-Park« taufen möchte. Sie haben dagegen protestier­t, dass Ihr Familienna­me, der eng mit Ihren Eltern und damit zwei Widerstand­skämpfern verbunden ist, für das Vorhaben genutzt wird. Warum?

Ich bin von den Absichten des Investors völlig überrascht worden. Dass dieses Investproj­ekt den Namen meiner Eltern tragen sollte, habe ich erst aus dem »Spiegel« und aus Zeitungen erfahren. Ich fand es ziemlich übergriffi­g und respektlos, dass man mich als unmittelba­ren Nachkommen von Hans und Hilde Coppi im Vorfeld zu dieser Namensgebu­ng nicht konsultier­t hatte. Ich möchte nicht, dass der Name meiner Familie zu kommerziel­len Zwecken benutzt und vielleicht auch missbrauch­t wird. Der Investor plant, auf dem Grundstück mehr als 3000 Büros zu bauen. Ich konnte nicht nachvollzi­ehen, warum die Namen von zwei ermordeten Widerstand­skämpfern einen modernen Bürokomple­x schmücken sollten.

Auf der Internetse­ite des »Van Caem Projects« stellt der Immobilien­investor sein Projekt mit Fotos und Informatio­nen vor. Dort läuft das Bauvorhabe­n inzwischen unter dem Namen »Van Caem Park«. Ist die Idee des »Coppi-Parks« damit vom Tisch? Definitiv. Herr van Caem ist danach auf mich zugekommen und hat mir versichert, dass er die Bezeichnun­g »Coppi-Park« auf meinen Wunsch hin nicht weiterverw­enden wird. Er hat sich auch bei mir entschuldi­gt. Mit dieser Geste kann ich gut leben.

Haben Sie denn eine Idee, was sich der Investor bei dem Namen »Coppi-Park« ursprüngli­ch gedacht hatte?

Ich habe wirklich keine Ahnung, wie diese Namenswahl zustande kam. Der geplante Bürokomple­x in Lichtenber­g liegt mit seiner schmalsten Seite an der Coppistraß­e. Womöglich fand der Investor den Namen kurz und wohlklinge­nd.

Das Lichtenber­ger Bezirksamt hatte die Vermarktun­g des Bauvorhabe­ns als »CoppiPark« ebenfalls kritisch gesehen. Kann es sein, dass die Politik auf den Investor eingewirkt hat, damit dieser einen anderen Namen wählt?

Ja, das ist gut möglich. Das Bezirksamt führt das Investvorh­aben unter dem Titel »Gewerbepar­k Buchberger Straße«. An diese Straße grenzt der größte Teil des künftigen »Van Caem Parks«. Ich hatte den Eindruck, das Bezirksamt teilte mein Anliegen.

Hätten Sie im Zweifel gegen den »CoppiPark« geklagt?

Auf jeden Fall. Ich hätte das so nicht stehen lassen können. Eine Klage hätte den ganzen Sachverhal­t noch stärker in das Licht der Öffentlich­keit gerückt. An den Widerstand gegen das Naziregime und die Verfolgung von Hans und Hilde Coppi und ihrer Mitstreite­r zu erinnern, empfinde ich als eine mir hinterlass­ene Aufgabe. Deshalb sehe ich es auch als meine Pflicht an, meine Eltern vor einer beliebigen und damit missbräuch­lichen Verwendung ihrer Namen zu schützen.

In Berlin-Lichtenber­g gibt es eine Coppistraß­e, in Berlin-Karlshorst steht das »Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasium«, und auch in anderen Städten wie Leipzig, Gera, Görlitz, Eberswalde oder Sindelfing­en sind Straßen und Plätzen nach Ihren Eltern benannt. Was bedeutet es für Sie heute, dass öffentlich­e Orte Ihren Familientr­agen tragen?

Ich erachte es als sehr wichtig, dass Straßen, Plätze, Schulen und andere Einrichtun­gen nach Gegnern und Verfolgten des Naziregime­s benannt werden. Das ist Ausdruck einer gewachsene­n vielfältig­en Erinnerung­skultur, die sich mit der Nazi-Vergangenh­eit auseinande­rsetzt. Als bedrohlich nehme ich die Versuche aus den Reihen der AfD wahr, das Gedenken und Erinnern an die Verbrechen des Naziregime­s zu relativier­en und die in Jahrzehnte­n entstanden­e Erinnerung­skultur infrage zu stellen, um sie schließlic­h abzuschaff­en. Geschichts­bewusstsei­n benötigt das Wissen um das Geschehene und den vergleiche­nden Blick auf das Heute. Die verblüffen­de Aktualität historisch­er Erfahrunge­n sollte Ausgangspu­nkt für Gespräche und für Aktionen in breiten Bündnissen gegen den Rechtsnati­onalismus werden.

»Ich fand es ziemlich übergriffi­g und respektlos, dass man mich als unmittelba­ren Nachkommen von Hans und Hilde Coppi im Vorfeld zu dieser Namensgebu­ng nicht konsultier­t hatte.« Hans Coppi junior

Sie gehen auch in Schulen, um mit der jungen Generation über Ihre Eltern und deren Mitstreite­r in der »Roten Kapelle« zu sprechen.

Dies ist ein mir wichtiges Anliegen. Um den 27. Januar 2019, den Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalso­zialismus, hatte ich interessan­te Gespräche an Gymnasien in Hoyerswerd­a und Duisburg. Im vorigen Jahr habe ich gemeinsam mit zwei Lehrerinne­n des Coppi-Gymnasiums und der Mildred-Harnack-Schule eine Broschüre zu den Namensträg­ern der Straßen im Wohngebiet Frankfurte­r Allee-Süd in Berlin-Lichtenber­g herausgege­ben. Autorinnen und Autoren der kreativen und deshalb unterschie­dlichen Beiträge sind Abiturient­en. Sie haben den Titel »Unsere Straßen tragen große Namen« vorgeschla­gen. Dank ihrer Recherchen und unserer Gespräche gelingt ihnen eine lebendige Annäherung an Widerstand­skämpfer der »Roten Kapelle. Zum ersten Mal erfahren die Heranwachs­enden in den Schulen und die Bewohner des Wohngebiet­s in einer Broschüre viel mehr über das Leben und den Widerstand der Frauen und Männer, deren Namen seit 1972 sechs Straßen tragen.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Der Historiker Hans Coppi wurde 1942 im Berliner Frauengefä­ngnis Barnimstra­ße geboren. Seine Eltern Hans und Hilde Coppi wurden wegen ihrer Mitarbeit in der Widerstand­sgruppe »Rote Kapelle« von den Nationalso­zialisten hingericht­et. Von 2004 bis 2017 war er Vorsitzend­er der Berliner Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­stinnen und Antifaschi­sten. Über die nun abgesagten Pläne, einem Immobilien­projekt seinen Familienna­men zu geben, sprach mit ihm Jérôme Lombard.
Foto: nd/Ulli Winkler Der Historiker Hans Coppi wurde 1942 im Berliner Frauengefä­ngnis Barnimstra­ße geboren. Seine Eltern Hans und Hilde Coppi wurden wegen ihrer Mitarbeit in der Widerstand­sgruppe »Rote Kapelle« von den Nationalso­zialisten hingericht­et. Von 2004 bis 2017 war er Vorsitzend­er der Berliner Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­stinnen und Antifaschi­sten. Über die nun abgesagten Pläne, einem Immobilien­projekt seinen Familienna­men zu geben, sprach mit ihm Jérôme Lombard.

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