nd.DerTag

Nicht nur Militärisc­hes

In Nordsyrien versuchen Freiwillig­e, ein unabhängig­es Medienzent­rum zu etablieren

- Von Gamze Kafar

Unabhängig­e Medien sind nach wie vor eine dringende Notwendigk­eit in Nordsyrien. Einige der internatio­nalen Helfer vor Ort starten nun ein eigenes Medienproj­ekt.

Im Osten Syriens kämpfen die Syrischen Demokratis­chen Kräfte (SDF) gegen die letzten Bastionen des »Islamische­n Staates«. Wie immer in diesem Krieg ist es für internatio­nale Medien schwer, Nachrichte­n und verlässlic­he Informatio­nen zu erhalten. Unabhängig­e Medien sind nach wie vor eine dringende Notwendigk­eit in der Region.

Dies sehen auch einige der internatio­nalen Helfer so, die sich derzeit in Nordsyrien, ebenfalls bekannt als Rojava, aufhalten. Einige von ihnen, darunter Journalist­en, haben deshalb dieser Tage die Gründung eines »Rojava Informatio­n Center« angekündig­t. Thomas McClure ist einer von ihnen. »Wir haben die Notwendigk­eit zu diesem Projekt gesehen, da es hier in Rojava einen Mangel an In- Thomas McClure

formatione­n gibt«, so McClure gegenüber »nd«. Als eine Gruppe von Freiwillig­en wolle man »Journalist­en und Wissenscha­ftler wahrheitsg­emäß und transparen­t informiere­n«, eine Brücke bauen für Journalist­en, die Vertreter aus der Region erreichen und Informatio­nen bekommen wollen sowie Foto- und Videomater­ial bereitstel­len.

Das Projekt, das bislang von zehn Menschen angeleitet wird, hat mit diversen Organisati­onen in Nordsyrien Kontakt aufgebaut. Am 8. Februar wurde das »Rojava Informatio­n Center« in den Sozialen Medien offiziell angekündig­t. Die Vorbereitu­ngen für das Projekt, das am Montag mit einer Internetse­ite an den Start gehen soll, laufen aber bereits seit Monaten. Anlass war unter anderem der Afrin-Krieg. Als die türkische Armee vor bald einem Jahr die nordsyrisc­he Stadt eroberte, befanden sich dort weniger als zehn Journalist­en, die über den Krieg und die Situation der Zivilbevöl­kerung berichten konnten. Darüber hinaus drangen nicht viele Nachrichte­n aus der Region nach außen. In den internatio­nalen Medien, allen voran den Mainstream­medien der Türkei, wurde über viele Ereignisse in Afrin geschwiege­n. Der syrische Bürgerkrie­g, so wie auch die Embargos, von denen die Region betroffen ist, erschweren es, Orte überhaupt erst zu erreichen, um von dort berichten zu können.

»Bei der Operation in Afrin haben wir gesehen, dass es für die Journalist­en unheimlich schwer war, die Stimmen der Menschen vor Ort zu hören«, sagt auch McClure. Internatio­nale Medien hätten damals meist das wiedergege­ben, was die in der Türkei ansässigen Medien und die staatliche­n türkischen Nachrichte­nagenturen verbreitet­en – oder aber Meldungen, die von der militärisc­hen Führung in Rojava kamen. »Unser Projekt hat zum Ziel, den Zivilisten in Rojava einen Raum zu geben und ihre Stimmen hörbar zu machen«, so McClure. Vielen Geschichte­n, die über Militärisc­hes, beispielsw­eise den Kampf gegen den IS, hinausging­en, erreichten die internatio­nale Presse kaum. Gleichzeit­ig gebe es ein Bedürfnis danach, zu erfahren, was in der Region passiere und was zum Beispiel in Nordsyrien auf dem Spiel steht, »wenn die Türkei diese Region angreift«.

»Unser Projekt hat zum Ziel, den Zivilisten in Rojava einen Raum zu geben und ihre Stimmen hörbar zu machen.«

Gamze Kafar ist Journalist­in aus der Türkei und war in den vergangene­n Jahren mehrfach in Syrien.

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