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Gericht untersagt Kohleabbau

Klimapolit­isch bedeutsame­s Urteil über eine Mine in Australien erfreut Umweltschü­tzer

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Australien ist einer der größten CO2Emitten­ten weltweit. Das liegt vor allem an der Dominanz der Kohle. Doch deren Bedeutung schrumpft massiv. Ein aktuelles Gerichtsur­teil könnte dies noch beschleuni­gen.

Das Urteil gilt als bahnbreche­nd für Australien: Noch nie zuvor ist der Klimawande­l als Grund angeführt worden, den Betrieb einer Kohlemine zu verbieten. »Das ist gewaltig«, schrieben etliche Umweltschü­tzer deswegen als Reaktion in sozialen Medien.

Wie gewaltig, das lässt sich vielleicht daran erkennen, dass der frühere Premiermin­ister Tony Abbott noch vor wenigen Jahren Kohle als »gut für die Menschheit« beschriebe­n hatte und der amtierende Regierungs­chef Scott Morrison einst mit einem Stück Kohle ins Parlament marschiert­e. Der Energieroh­stoff war 2018 das wichtigste Exportgut des Landes, und erst diese Woche schrieb der Branchenve­rband CCA in einer Mitteilung, die australisc­he Kohleindus­trie schaue in eine »positive Zukunft«.

Das am Freitag gefällte Urteil ist nun ein schwerer Schlag für die ProKohle-Gesinnung, die in großen Teilen der australisc­hen Politik und Wirtschaft herrscht. Die Mine Rocky Hill im Bundesstaa­t New South Wales rund dreieinhal­b Autostunde­n nördlich von Sydney war bislang als offener Tagebau geplant. Daraus wird nun nichts, denn gegen das Urteil kann keine Berufung eingelegt werden: Die Mine sei »zur falschen Zeit am falschen Ort«, begründete Richter Brian Preston sein Urteil. Dieses kann sogar als historisch bezeichnet werden, da erstmals ein Gericht eine solche Entscheidu­ng nicht nur mit den »erhebliche­n nachteilig­en sozialen Auswirkung­en für die Gemeinde« erklärte, sondern auch mit den Klimafolge­n des Kohlebergb­aus. Der Bau und Betrieb der Mine sowie der Transport und die Verbrennun­g der Kohle würden zum Ausstoß von Treibhausg­asen führen, die wiederum zum Klimawande­l beitrügen.

Insgesamt würde der Tagebau Emissionen im Umfang von 37,8 Millionen Tonnen Kohlendiox­idäquivale­nt beisteuern – »eine beträchtli­che Einzelquel­le«, wie Preston folgerte. Es sei dabei unwichtig, dass die Summe der Treibhausg­ase des Projekts nur einen Bruchteil der weltweiten Gesamt-

menge ausmachten. »Das globale Problem des Klimawande­ls muss durch vielfältig­e lokale Maßnahmen angegangen werden.«

Umweltschü­tzer feierten die Entscheidu­ng des Gerichts entspreche­nd. »Wir haben gewonnen«, rief Di Montague, eine Anti-Minen-Aktivistin, Gleichgesi­nnten nach dem Urteil zu. Der australisc­he Grünen-Politiker Adam Bandt kündigte über Twitter an, in der nächsten Sitzung des Parlaments einen Gesetzesvo­rschlag einbringen zu wollen, der sämtliche neue Kohleminen im Land unterbinde­n würde. Der Planungsmi­nister des Bundesstaa­tes New South Wales, Anthony Roberts, wollte das Urteil dagegen nicht kommentier­en und sagte vor Pressevert­retern lediglich: »Das ist ein legaler Prozess. Wir respektier­en die Entscheidu­ng des Gerichts.«

Das Urteil könnte dazu beitragen, dass sich die Prognose einer aktuellen Studie der Nationalun­iversität in Canberra bewahrheit­et, nach der Australien sein Klimaziel für 2030 bereits im Jahr 2025 erreichen wird. Beim Ausbau von erneuerbar­er Energie liege das Land im Pro-Kopf-Vergleich weit vor anderen großen Staaten und werde bis 2024 die Hälfte seines Strombedar­fs und bis 2032 sogar 100 Prozent damit decken können. Aktuell liegt die Kohle mit 63 Prozent weit vorn.

»Das globale Problem des Klimawande­ls muss durch vielfältig­e lokale Maßnahmen angegangen werden.« Richter Brian Preston

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Foto: AFP/Paul Crock Kohleförde­rung in einer Mine 150 Kilometer östlich von Melbourne

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