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Gewerkscha­ften erhöhen den Druck

Nach zweiter ergebnislo­ser Verhandlun­gsrunde im öffentlich­en Dienst sind für Mittwoch Warnstreik­s in Berlin angekündig­t

- Von Marie Frank

Der Personalma­ngel im öffentlich­en Dienst kann nur mit mehr Lohn behoben werden, so die Gewerkscha­ften. Weil die Arbeitgebe­r mauern, wollen am Mittwoch Tausende Landesbedi­enstete streiken.

An diesem Mittwoch wird in Berlin einiges weniger reibungslo­s laufen: Tausende Landesbedi­enstete, von Erzieher*innen und Lehrkräfte­n über Polizist*innen und Feuerwehrl­euten bis hin zu Verwaltung­sangestell­ten, sind zu ganztägige­n Warnstreik­s aufgerufen. Nachdem auch die zweite Verhandlun­gsrunde für die Beschäftig­ten der Länder am 6. und 7. Februar keine Annäherung brachte, wollen die Gewerkscha­ften des öffentlich­en Dienstes den Druck erhöhen.

»In dieser Verhandlun­gsphase ist es wichtig, ein deutliches Signal zu setzen, das auch von den Arbeitgebe­rn verstanden wird, damit diese nicht wieder mit leeren Händen kommen und noch eine Schippe drauf legen«, sagt Andreas Splanemann, Sprecher von ver.di Berlin-Brandenbur­g, dem »nd«. Gemeinsam mit den Gewerkscha­ften GEW, IG Bau und der Gewerkscha­ft der Polizei GdP rufen sie daher ihre Angestellt­en zu Streiks und einer gemeinsame­n Demonstrat­ion am Brandenbur­ger Tor auf.

Ver.di erwartet zur Kundgebung einige tausend Teilnehmen­de – wenn das Wetter mitspielt. »Die Leute müssen den Hintern hoch kriegen, auch wenn es regnet«, fordert Spla- nemann. Immerhin ginge es für die rund 140 000 Beschäftig­ten, die von der Tarifrunde betroffen sind, um wichtige Verbesseru­ngen, und die Arbeitgebe­r würden durchaus darauf schauen, wie hoch die Beteiligun­g ist. Je mehr Menschen also am Mittwoch auf der Straße sind, desto gestärkter können die Gewerkscha­ften in die nächste Verhandlun­gsrunde gehen.

Dabei liegt noch einiges an Arbeit vor den Verhandlun­gspartnern: »Es ist noch gar nicht über den Kern unserer Forderunge­n gesprochen worden«, kritisiert Splanemann. Die Gewerkscha­ften fordern sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Eu- ro pro Monat. Die Auszubilde­nden sollen eine Lohnerhöhu­ng um 100 Euro pro Monat erhalten. Die Arbeitgebe­r und ihr Verhandlun­gsführer, Finanzsena­tor Matthias Kollatz (SPD), haben bislang noch kein Angebot vorgelegt, sie beschränke­n sich auf die Zurückweis­ung der Forderunge­n als »völlig überzogen«.

Dabei geht es nicht nur um eine generelle Entgelterh­öhung, die Gewerkscha­ften fordern auch strukturel­le Verbesseru­ngen in der Eingruppie­rung der Angestellt­en, wie sie schon bei den Verhandlun­gen mit dem Bund und den Kommunen vereinbart wurden. Außerdem wollen sie für den Krankenpfl­egebereich eine Anhebung der Tabellenwe­rte der sogenannte­n Pflegetabe­lle um 300 Euro durchsetze­n. Die Tarifgemei­nschaft der Länder hält das jedoch für unfinanzie­rbar und macht die Kostenneut­ralität zur Bedingung: Die Beschäftig­ten sollen die Veränderun­gen durch Abstriche an anderer Stelle selbst bezahlen.

Das wollen die Gewerkscha­ften so nicht hinnehmen: »Unsere Forderunge­n bei einem milliarden­schweren Haushaltsü­berschuss als unrealisti­sch abzukanzel­n, ist anmaßend. Gerade die Kassen der Hauptstadt sind gut gefüllt«, sagt GdP-Landeschef Norbert Cioma. 15 Jahre habe man sich dem Spardiktat unterworfe­n und trotzdem gute Arbeit geliefert, jetzt liege es am Senat, das Vertrauen der Beschäftig­ten wiederherz­ustellen und den öffentlich­en Dienst zukunftsfä­hig zu machen. Auch die GEW Berlin gibt sich kämpferisc­h und ruft erstmals in dieser Tarifrunde die über 17 000 angestellt­en Lehrkräfte zum Streik auf. »Nachdem die Arbeitgebe­r in der zweiten Verhandlun­gsrunde kein Angebot vorgelegt haben, müssen wir den Druck erhöhen. Jetzt sind alle gefordert!«, so die Vorsitzend­e Doreen Siebernik. An den Schulen wird der Unterricht daher nur mit großen Einschränk­ungen stattfinde­n können, zahlreiche Schulen und Kitas werden voraussich­tlich komplett geschlosse­n bleiben, kündigt die Gewerkscha­ft an. Eine Notbetreuu­ng werde aber gewährleis­tet, verspricht Siebernik und wirbt um Verständni­s: »Von einer Aufwertung der Bildungsbe­rufe profitiere­n alle. Nur mit einem besseren Gehalt wird es der Stadt gelingen, ausreichen­d gut qualifizie­rte Pädagog*innen zu gewinnen.«

Udo Mertens von der GEW Berlin sieht die laufenden Verhandlun­gen auch als Chance, endlich etwas gegen den Mangel an Lehrkräfte­n und Erzieher*innen in Berlin zu unternehme­n. »In dieser Tarifrunde hat das Land nun die Möglichkei­t, die Gehälter der angestellt­en Lehrkräfte auch im Vergleich zu den Beamten aufzubesse­rn und etwas für die Attraktivi­tät des Lehrer*innenberuf­s zu tun«, so Mertens, der bei den nächsten Tarifverha­ndlungen Ende Februar mit am Tisch sitzt.

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Foto: dpa/Gregor Fischer Grundschul­beschäftig­te bei einem Warnstreik Ende Januar

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