nd.DerTag

Nächster Mieterkamp­f: Hufeisensi­edlung

Aktivisten: Deutsche Wohnen plant energetisc­he Sanierung der Wohnanlage in Berlin-Britz

- Von Nicolas Šustr

Eine vom Bündnis Deutsche Wohnen und Co enteignen aufgelegte Broschüre soll Mieter bei der Organisati­on von Initiative­n unterstütz­en. Das soll die persönlich­e Beratung ergänzen.

»Zusammentu­n!«, viermal steht in großen Lettern die magische Formel des Mieterprot­ests auf der brandneuen 64-seitigen Broschüre, die eine praktische Anleitung für Menschen ist, die eine Mieterinit­iative gründen wollen. Verfasst hat das Werk die AG Starthilfe des Bündnisses Deutsche Wohnen und Co enteignen.

»Es sind immer wieder die gleichen Probleme: Wie spreche ich meine Nachbarinn­en und Nachbarn an, wie mache ich eine erfolgreic­he Mietervers­ammlung, wie mache ich gute Pressearbe­it?«, erklärt Starthelfe­rin Nina Scholz am Freitagabe­nd im Projektrau­m Vierte Welt am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg. In der Broschüre werden anschaulic­h die verschiede­nen Knackpunkt­e beim organisier­ten Protest erläutert. Das beginnt bei der Findung von Mitstreite­rn. Sogar ein Musterabla­ufplan für eine Mietervers­ammlung findet sich in dem Werk. »Das wichtigste Ziel ist, sich nicht spalten zu lassen!«, lautet wohl einer der grundlegen­dsten Hinweise in dem Leitfaden. Dass das konkret nicht unbedingt sehr leicht ist, weiß jeder, der sich schon einmal engagiert hatte.

Mit der Broschüre soll auch nicht die persönlich­e Unterstütz­ung durch die Mieterakti­visten wegfallen. Die Fibel soll unbeleckte­n Anfängern die Organisati­on einfach erleichter­n. »Wir haben einen Starthilfe­pool an Menschen aufgebaut«, berichtet Hannes Strobel von der AG. In der Hufeisensi­edlung seien die Mieter über die Pläne des Konzerns Deutsche Wohnen bereits informiert, energetisc­h zu sanieren. Das sei anders als bei der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg, so Strobel. Dort war er selbst einer der Starthelfe­r, die die Mieter gegen die von der Deutsche Wohnen angekündig­te energetisc­he Modernisie­rung mit entspreche­nden Mietsteige­rungen organisier­te.

»Der Hannes war ja noch Student, als er bei uns aufkreuzte«, erinnert sich Mieter Michael Klage schmunzeln­d. Seit 49 Jahren lebt er in der Siedlung direkt an der Grenze zu Mitte. Er ist froh, dass es gelungen ist, so viele Bewohner zum Protest zu motivieren. »Je mehr Leute wir auf die Straße bringen, um gegen die Machenscha­ften der Vermieter vorzugehen, desto mehr Menschen werden ihre Wohnungen behalten können«, ist sich Klage sicher. »Ihr jungen Menschen müsst die Alten mitnehmen, die kommen dann auch«, sagt er auf der Bühne zu Strobel. »Bei unserer Demonstrat­ion waren sogar Leute mit Rollator dabei«, erinnert er sich.

Nina Scholz freut sich über die Einzelerfo­lge mit zurückgeno­mmenen Mieterhöhu­ngen. Aber: »Das reicht so nicht«, sagt sie. Am Anfang habe er auch Zweifel an der geforderte­n Enteignung der Deutsche Wohnen und anderer Immobilien­konzerne gehabt, berichtet Strobel. »Inzwischen bin ich überzeugt, dass es nicht nur eine radikale Forderung ist, sondern auch eine juristisch solide«, sagt er.

Maren Kern, Chefin des Verbands Berlin-Brandenbur­gischer Wohnungsun­ternehmen, hält das Volksbegeh­ren für »nicht zulässig« und hat ein Rechtsguta­chten zu der Frage in Auftrag gegeben.

 ?? Zeichnung: Marie Parakening­s ?? Mieterprot­est beinhaltet einen Strauß an Maßnahmen.
Zeichnung: Marie Parakening­s Mieterprot­est beinhaltet einen Strauß an Maßnahmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany