Was, wenn Gott eine Frau wäre?
Dieser
Film erzählt von einer Selbstermächtigung. Die einer Frau zumal. Das ist in den patriarchalischen Gesellschaften Osteuropas immer noch ein unerhörter Vorgang. Aber auch in Mazedonien, wo der Film spielt, brechen die alten, seit jeher fest gefügten Geschlechterrollen auf.
Petrunija ist 32, studierte Historikerin und arbeitslos. Noch dazu neigt sie zur Fülle, hat keinen Mann, dafür eine überfürsorgliche Mutter, bei der sie auch noch wohnt. Ein auswegloser Fall, den niemand ernst nimmt. Und so springt sie mit ins kalte Wasser, als die jungen Männer der Stadt selbiges tun, um das von einem Priester anlässlich der Dreikönigsprozession in den eiskalten Fluss geworfene Kreuz vom Grund aufzulesen. Und welch Wunder, plötzlich hält Petrunija es in der Hand! Damit allerdings stürzt sie die versammelte Mann-Schaft in eine tiefe Identitätskrise – noch nie hat eine Frau so etwas gewagt. Aus Ratwird Fassungslosigkeit, später Wut, als sie darauf beharrt, das Kreuz zu behalten. Sogar die Polizei schaltet sich ein, um der männerbündischen Ordnung zu ihrem Recht zu verhelfen – vergeblich. Dafür wächst Petrunija in den folgenden Stunden über sich hinaus. Einen Tag und eine Nacht verbringt sie auf dem Polizeirevier und verteidigt ihr Kreuz eisern. Am Ende wird sie es gar nicht mehr brauchen, denn sie hat es etwas entdeckt, was stärker ist als das Glücksversprechen einer Reliquie.
Mit Humor und wohl komponierten Bildern erforscht der Film den Stand des Geschlechterdiskurses und die sozialen Verwerfungen in Mazedonien. Die »Obrigkeit«, vom frömmelnden Pfaffen bis zum korrupten Reviervorsteher, kommt dabei nicht so gut weg. Alle Sympathie gilt der von Zorica Nusheva gespielten Petrunija und ihrem Kampf gegen archaische Traditionen und die geballte Männerwelt. Ein Darstellerpreis sollte für diese Rolle wohl drin sein.
God Exists, Her Name Is Petrunija, Mazedonien, Belgien, Frankreich 2019. R: Teona Strugar Mitevska. 100 Min.