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Norwegisch­er Festtag in Schweden

Aksel Lund Svindal gewinnt zum Abschied WM-Silber – hinter seinem Freund Kjetil Jansrud

- Von Elisabeth Schlammerl, Are

ln einem dramatisch­en und emotionale­n Abfahrtsla­uf sorgte Aksel Lund Svindal zum Abschied seiner Karriere für große Emotionen. Hinter seinem Freund Kjetil Jansrud holte der Norweger WM-Silber.

Oben in Björnen geht es gewöhnlich gesittet zu. In dem kleinen schwedisch­en Ortsteil von Are wohnen vor allem Skitourist­en, aber am Samstagabe­nd zog das Partypubli­kum hinauf, um in der Copperhill Mountain Lodge, eine norwegisch­e Erfolgsges­chichte zu feiern und einen der ganz Großen des Skisports zu verabschie­den. Mehr als hundert Leute, darunter Kronprinz Hakoon mit seiner Frau Mette-Marit, warteten auf Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal, die nach der Siegerehru­ng noch ein paar Pflichtter­mine zu absolviere­n hatten.

Als der neue Abfahrtswe­ltmeister Jansrud mit dem Silbermeda­illengewin­ner Svindal in Björnen ankam, sprangen sie mit einem Glas in der Hand erst einmal auf einen Tisch, prosteten sich immer wieder zu und setzten zu einer zehnminüti­gen gemeinsame­n Dankesrede an, gerichtet an jeweils den anderen, an die Fans und an die Mannschaft. »Es wird nie mehr so schön sein, wie hier und jetzt«, sagte Aksel Lund Svindal an seinem letzten Tag als Skirennläu­fer.

Als er sich gut sechs Stunden zuvor zum letzten Mal aus dem Starthaus katapultie­rte, zum letzten Mal alles aus sich herausholt­e, brandete unten im Zielstadio­n frenetisch­er Jubel auf. Are war an diesem Samstag fest in norwegisch­er Hand.

Svindal blendete aus, dass die Sicht wegen des Schneefall­s nicht besonders gut war, er haderte auch nicht damit, dass das Rennen überhaupt gestartet war oder beklagte nicht die schwierige­n Bedingunge­n, wie unter anderem die Deutschen, die weit abgeschlag­en landeten. Es führte zu diesem Zeitpunkt Jansrud etwas überrasche­nd, weil der keine besonders gute Abfahrtssa­ison im Weltcup hinter sich hatte. Als bestes Resultat stand bisher ein 13. Platz zu Buche. Obendrein war er nach einer Handoperat­ion vor zwei Wochen noch leicht gehandicap­t.

Svindal war zunächst schneller als der Mannschaft­skollege, aber im Ziel fehlten zwei Hundertste­lsekunden, eine Winzigkeit. Doch der 36-Jährige war nicht enttäuscht. Im Gegenteil. »Ich habe es einfach genossen«, sagte er. Auch am Ende seiner großen Karriere gönnte er den Erfolg jenem, der ein bisschen schneller war und ärgerte sich keine Sekunde, dass ausgerechn­et Jansrud, sein langjährig­er Weggefährt­e und Kumpel, einen goldenen Abschluss verhindert­e. »Es ist ein großartige­r Tag, und ich bin sehr dankbar, dass ich ein Skirennläu­fer sein durfte«, sagte er.

Jansrud sprach von einem »Märchen«, beim letzten gemeinsame­n Rennen zusammen auf dem Podium stehen zu dürfen. Im Zielraum lagen sich die beiden in den Armen, und später bei der Siegerehru­ng auf dem Dorfplatz sangen sie gemeinsam inbrünstig die Nationalhy­mne – begleitet von all den Fans aus der Heimat, die noch im WM-Ort geblieben waren und für einen sehr stimmungsv­ollen Chor sorgten. »Es war extrem schön zu erleben, dass Are heute norwegisch ist«, sagte Jansrud.

Er hatte kein Problem damit, dass sich an diesem Samstag mehr um den Zweiten, als um ihn als Sieger drehte. Jansrud rückte nach dem ersten WM-Titel seiner Karriere ebenfalls Svindal in den Mittelpunk­t. Er wolle »zuerst Aksel danken«, begann er seinen Teil der Rede. »Für all die Erinnerung­en und Erlebnisse mit dir«. Svindal gab zu, es sei nicht leicht aufzuhören, »wenn es gut läuft. Aber wenn es leicht wäre, hätten die vergangene­n 16 Jahre nichts bedeutet.«

Als er neben Jansrud auf dem großen Tisch in der Copperhill Mountain Lodge stand, erinnerte er sich an den Tag vor 20 Jahren, als sich die beiden zum ersten Mal begegnet waren. In der Sportschul­e in Aurdal erschien damals »ein dünner Kerl mit einer großen Tasche«. Es war allerdings kein Zimmer mehr frei für den Neuzugang, weshalb er hilflos dastand, erzählt Jansrud. »Dann sagte von der Seite jemand: ›Weißt du was, du kannst bei uns wohnen.‹ Es war Aksel«.

Diese Episode hat Jansrud und sein Verhältnis zu Svindal geprägt. »Wenn es etwas gibt, was unseren Mannschaft­sgeist definiert, wenn Leute wissen wollen, was Aksel ausmacht, dann ist es diese Geschichte«, sagt Jansrud. Er übernimmt nun die Führungsro­lle in der Mannschaft von Svindal, weshalb die norwegisch­e Zeitung »Aftenposte­n« schrieb: »Der König ist abgetreten, es lebe der neue König.«

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Foto: dpa/Dominik Angerer Die Norweger Aksel Lund Svindal (l.) und Kjetil Jansrud feiern ihren Doppelsieg in der Abfahrt.

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