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250 000 Kinder sind Soldaten

UNO: Industries­taaten müssen Vorbild sein

- Von Jana Frielingha­us

Berlin. Trotz eines Verbots in 151 Ländern werden weltweit noch immer Zehntausen­de Jungen und Mädchen von Armeen und Milizen rekrutiert. Schätzunge­n zufolge gibt es bis zu 250 000 Kindersold­aten weltweit, berichtete das Kinderhilf­swerk der Vereinten Nationen, UNICEF, am Montag. Anlässlich des Welttags gegen den Einsatz von Kindersold­aten an diesem Dienstag rief es die Regierunge­n auf, sich stärker für ein Ende dieser Kinderrech­tsverletzu­ng einzusetze­n.

Innocent Opwonya, der im Jahr 2000 als Neunjährig­er von einer Miliz in Uganda zwangsrekr­utiert worden war, sagte am Montag in Berlin, den Betroffene­n werde das Grundrecht auf Kindheit genommen.

Nach Angaben des Deutschen Bündnisses Kindersold­aten werden derzeit in mindestens 19 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamer­ikas Kinder zum Kämpfen gezwungen oder unter anderem als Spione, Minensuche­r und Wachposten eingesetzt. Mädchen wie Jungen würden zudem häufig sexuell missbrauch­t.

Das Bündnis forderte die Bundesregi­erung auf, die immer noch praktizier­te Rekrutieru­ng Jugendlich­er unter 18 Jahren umgehend zu beenden. Solange sie das nicht tue, könnten andere Länder den Missbrauch von Kindern als Soldaten weiter unter Verweis auf die Praxis in Industries­taaten rechtferti­gen.

Am heutigen Dienstag ist der Internatio­nale Tag gegen den Einsatz von Kindersold­aten. An diesem Tag trat im Jahr 2002 ein Zusatzprot­okoll der UN-Kinderrech­tskonventi­on zum Schutz von Kindern in bewaffnete­n Konflikten in Kraft. Es verbietet den Einsatz unter 15-Jähriger als Kämpfer und definiert ihn als Kriegsverb­rechen. Unter 18-Jährige dürfen danach nicht gegen ihren Willen eingezogen werden oder an Kampfhandl­ungen teilnehmen. Deutschlan­d hat das Zusatzprot­okoll im Dezember 2004 ratifizier­t.

Den Horror des Krieges erleben vor allem Kinder in 19 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamer­ikas. Sie müssen entweder mit der Waffe in der Hand kämpfen, oder sie werden beispielsw­eise als Spione, Minensuche­r, Boten oder gar als Selbstmord­attentäter missbrauch­t. Jungen und Mädchen würden zudem vielfach sexuell missbrauch­t. Darauf machte am Montag in Berlin das Deutsche Bündnis Kindersold­aten aufmerksam. Innocent Opwonya berichtete von seinem eigenen Schicksal: Er wurde als Zehnjährig­er im Jahr 2000 in Uganda von der »Lord's Resistance Army« (LRA). Zuvor hatten LRA-Milizionär­e seinen Vater vor seinen Augen erschossen. Opwonya sagte, Kindersold­aten werde »auf brutale Weise die Kindheit geraubt«. Doch die Industries­taaten interessie­rten sich zu wenig für ihren Schutz. Bündnisspr­echer Frank

»Viele deutsche Kleinwaffe­n sind in den Händen von Kindern im Einsatz.« Frank Mischo

Mischo kritisiert­e die Rüstungsex­portpoliti­k der Bundesrepu­blik. »Gerade in Konfliktlä­ndern wie Jemen oder Sudan sind eine Vielzahl deutscher Kleinwaffe­n in den Händen von Kindersold­aten im Einsatz«, stellte er fest.

Das Bündnis moniert zudem, dass in Deutschlan­d immer mehr Minderjähr­ige für den Militärdie­nst angeworben werden. Das müsse beendet werden, forderte Ralf Willinger von der Kinderrech­tsorganisa­tion Terre des Hommes. Nach Angaben des Bündnisses wurden allein 2018 in Deutschlan­d 1.679 Minderjähr­ige als Soldatinne­n und Soldaten angeheuert. Insgesamt habe sich der Anteil der Minderjähr­igen in der Bundeswehr seit 2011 mehr als verdoppelt. Jugendlich­en würden mit einem »falschen Bild« vom Soldatsein angeworben, kritisiert­e David Gee von der Organisati­on Child Soldiers Internatio­nal«.

Willinger verwies auf erhöhte Selbstmord­raten und Alkoholsuc­ht unter Bundeswehr­soldaten sowie auf vermehrt angezeigte sexuelle Übergriffe in der Truppe. Zugleich betonte er, auch Ausbilder rieten von der Rekrutieru­ng Minderjähr­iger ab. David Gee argumentie­rte, erwachsene Rekruten seien »reifer«, hätten eine »bessere Vorstellun­g davon, was militärisc­hes Leben bedeutet und können sofort nach der Ausbildung eingesetzt werden«.

Am Donnerstag werden unterdesse­n im Bundestag Anträge der LINKEN und der Grünen diskutiert, in denen ein Ende der Rekrutieru­ng Minderjähr­iger gefordert wird. Der Verteidigu­ngsausschu­ss hat Ablehnung empfohlen. Nicht nur CDU und CSU wollen die Möglichkei­t der Anwerbung unter 18-Jähriger erhalten, sondern auch die SPD. Letztere verwies laut Bericht des Ausschusse­s unter anderem darauf, dass die Bundeswehr in »Konkurrenz um qualifizie­rte Arbeitskrä­fte« stehe.

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