BRIEFE AN DIE REDAKTION
Nicht das Papier wert
Zu »Was übrig bleibt«, 9./10.2., S. 3; online: dasND.de/1111863
Die geplante Grundrente wird nicht das Papier wert sein, auf dem sie steht: Die geforderten 35 Beitragsjahre erreichen nur die allerwenigsten Menschen mit Patchworkund/oder unterbrochener Erwerbsbiografie. So wird nur eine kleine Minderheit derjenigen davon profitieren, die eine real armutsfeste Grundrente bitternötig hätten. Alleinerziehende mit unzureichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten, erwerbsfähige Schwerbehinderte und chronisch Kranke, altersbedingt langzeitarbeitslose Ü50Jährige, aufgrund ihres sehr geringen Einkommens nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlende Freiberufler, kleine Solo-Selbstständige: An diesen am Arbeitsmarkt seit eh und je stark benachteiligten Personengruppen geht die Grundrente in ihrer jetzigen Form völlig vorbei. Ich nehme der SPD diesen Sinneswandel nicht ab. Sollte sie gewählt werden, wird es wieder heißen: Das können wir uns nicht leisten, die Wirtschaft geht vor. Mein Rentensystem sähe so aus: Die Rente wird auf das Niveau des Mindestlohns angehoben, denn dieser ist ja die unterste Grenze, was ein Mensch haben soll. Also müssen auch die Rentner so viel haben. Wie erreiche ich das? Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent, Einführung einer Vermögenssteuer, die den Namen verdient, d. h. mindestens 33 Prozent. Wiedereinführung der Erbschaftssteuer und, was mir ganz lieb wäre: Verstaatlichung der Großindustrie.
Formenspielerei
Zu »Meine Privilegien nutze ich politisch«, 9./10.2., S. 32; dasND.de/1111817
Das Interview mit der jungen Frau geht inhaltlich in Ordnung, liest sich aber denkbar schlecht. Soll mit den Sternchen, weiblichen Formen, zahlreichen innen-Endungen wirklich Gleichberechtigung erzeugt werden? Was das »nd« hier praktiziert, das finde ich so in keiner anderen Zeitung. Möchte es auch gar nicht, denn hier schießt man übers Ziel hinaus. Für mich wäre ein guter Beitrag gewesen, im Zuge der Novemberrevolution etwas über die Errungenschaft Gleichberechtigung zu lesen, auch über Frauen aus der kommunistischen Bewegung (nicht nur SPD- und bürgerliche Abgeordnete). Es kommt meines Erachtens darauf an, das Wort Gleichberechtigung auch heute noch zu verwirklichen, nicht sich in Formenspielerei zu verlieren.
Leider verunreinigt
Zu »Das kann weg: Wurst«, 2./3.2.; S. 8; dasND.de/1111376
Diesmal getrübte Freude über Leo Fischers Text: Das Bratwurstmuseum sollte nicht auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald (neu) gebaut werden, sondern auf dem Areal eines sehr kleinen Nebenlagers. Das ändert nichts an der grundsätzlichen Wurstigkeit, aber der Beitrag ist dadurch leider mit einem Fake »verunreinigt«.
Alles klar?
Zu »Wie man die Rechte nennt ...«, 26./27.1., S. 18; dasND.de/1110853
Der historische Faschismus war »etatistisch und korporativ ... nicht isolationistisch und multilateral ... kein Produkt moderner ›Anti-Politik‹ ... nicht islamophobisch.« So, so. Wer das vorher nicht wusste, weiß jetzt genau, woran er ist. Oder auch nicht! Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktionelle Meinungsäußerung. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.