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»Der Dritte Weg« zog mit Fackeln und Trommeln durch Fulda

Bereits seit den 1970er Jahren bestehen in Osthessen neonazisti­sche Strukturen

- Von Peter Nowak, Fulda

Unter dem Motto »Ein Licht für Dresden in Fulda« mobilisier­te die Nazi-Kleinstpar­tei »Der Dritte Weg« nach Fulda. Doch mit 130 Rechten kamen weitaus weniger, als die Antifa ihrerseits auf die Beine stellte.

Am Samstagnac­hmittag herrschte Ausnahmezu­stand im osthessisc­hen Fulda. Bei frühlingsh­aften Temperatur­en hatten sich an verschiede­nen Plätzen in der Innenstadt mehr als 1500 Menschen versammelt. Bühnen waren aufgebaut, auf denen sich Reden und Musik abwechselt­en. Der Grund dafür war der Aufmarsch der neonazisti­schen Kleinstpar­tei »Der Dritte Weg«. Unter dem Motto »Ein Licht für Dresden in Fulda« mobilisier­te die Neonazipar­tei zum zentralen Gedenktag für die Toten der Bombardeme­nts der Alliierten gegen Hitlerdeut­schland in Osthessen.

Es waren allerdings nur knapp 130 Rechte gekommen, die sich um 15 Uhr auf dem Platz Unterm Heiligen Kreuz, der bis zum Ende des NS-Regimes Adolf-Hitler-Platz hieß, versammelt hatten. Nach mehreren nationalis­tischen Reden setzte sich der Zug der Rechten mit Trommelwir­bel und Fackeln in Bewegung.

Die Stadt Fulda hatte im Vorfeld versucht, mit einem umfangreic­hen Auflagenka­talog dem Aufzug der Rechten Grenzen zu setzen. So sollten Trommeln und Fackeln verboten werden. Doch das Kasseler Verwaltung­sgericht hatte zahlreiche dieser Vorgaben gekippt. Die Auflage, die den Rechten das Abspielen von Sirenenger­äuschen während des Marsches untersagte, wurde vom Gericht jedoch bestätigt.

Dafür läuteten zu Beginn der rechten Demonstrat­ion in ganz Fulda aus Protest die Kirchenglo­cken und die antifaschi­stischen Parolen waren nicht zu überhören. An vielen Stellen hatten sich Nazigegner*innen mit Transparen­ten, selbst gemalten Schildern und Trillerpfe­ifen postiert. Die Gruppe »Omas gegen rechts« war ebenso vertreten wie die Linksjugen­d Solid und »Die Partei«.

An mehreren Stellen versuchten Antifaschi­st*innen, mit Blockaden den rechten Marsch aufzuhalte­n. Zwei Aktivisten wurden kurzzeitig festgenomm­en. Gegen 20 Uhr erreichte der rechte Demozug mit einem großen Polizeiauf­gebot den Fuldaer Hauptbahnh­of, wo ein Großteil der Teilnehmer*innen die Heimreise antrat. Denn nur ein klei- ner Teil der Rechten kam aus Osthessen, wo seit Jahrzehnte­n neonazisti­sche Strukturen bestehen.

Mitte der 1980er Jahre hatte sich eine »Wehrsportg­ruppe Fulda« um den bekannten Neonazi Thomas Brehl gegründet. Wie heute »Der Dritte Weg« propagiert­en der 2010 verstorben­e Brehl und seine Kumpane einen »nationalen Sozialismu­s«. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren gab es in der Gegend rund um das Mittelgebi­rge Rhön sogenannte »Winterlage­r« der später verbotenen Wiking Jugend, schreibt die Fuldaer LINKE in einer Erklärung. Zudem seien im Landkreis Fulda seit Jahren Plakate zu den »Gedenkmärs­chen« für den Hitler-Stellvertr­eter Rudolf Heß geklebt und zu Naziaufmär­schen nach Wunsiedel ins bayerische Fichtelgeb­irge mobilisier­t worden, wo Heß begraben wurde.

Auch »Der Dritte Weg« ist bereits seit längerem in Fulda aktiv. Im Juni 2017 postete die Neonazipar­tei auf ihrer Homepage Fotos von einer Streife auf einen Fuldaer Stadtfest. Die »Fuldaer Zeitung« berichtete von Flyern in verschiede­nen Briefkäste­n, in denen die selbst ernannten Heimatschü­tzer dazu aufriefen, Streifen gegen angebliche Ausländerk­riminalitä­t zu bilden.

Mehrere Redner*innen auf den verschiede­nen Bühnen der Protestver­anstaltung­en gingen am Samstag auch auf den hohen Stimmenant­eil der AfD in Osthessen ein. Der frühere Zögling des langjährig­en Fuldaer Oberbürger­meisters und CDURechtsa­ußen Alfred Dregger, Martin Hohmann, war 2003 wegen einer als antisemiti­sch empfundene­n Rede aus der CDU ausgeschlo­ssen worden und sitzt jetzt für die AfD im Kreis- und Bundestag. »Mit diesen Rechten sind wir tagtäglich konfrontie­rt und sie haben im osthessisc­hen Raum durchaus Sympathien bis in Kreise der CDU-Wähler*innen«, meinte eine Demonstran­tin, die sich auf ihrem Plakat für eine offene Gesellscha­ft einsetzte.

An mehreren Stellen versuchten Antifaschi­st*innen, mit Blockaden den rechten Marsch in Fulda aufzuhalte­n. Zwei Aktivisten wurden kurzzeitig festgenomm­en.

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