nd.DerTag

Laos sucht Touristen

Chinesisch­e Besucher sollen Wirtschaft ankurbeln

- Von Alfred Michaelis, Vientiane

In Vang Vieng treffen Reisfelder auf abrupt aufragende Kalksteinf­elsen. Hier trifft die Nationalst­raße Nummer 13, die durch ganz Laos führt, auf die im Bau befindlich­e Schnellbah­ntrasse von Kunming in China zur laotischen Hauptstadt Vientiane. Und in Vang Vieng trifft sich die Welt.

Seit mehr als 20 Jahren ist die Kreisstadt auf halbem Weg zwischen Vientiane und der alten Königsstad­t Luang Prabang eine der Hochburgen des Tourismus in Laos. Dabei hat der Ort mehrere Metamorpho­sen durchgemac­ht. Anfangs wegen der atemberaub­enden Natur und der billigen Gästehäuse­r vor allem bei Backpacker­n beliebt, wurde der Ort dank Alkohol- und Drogenexze­ssen zum Sinnbild westlicher Dekadenz. Gästehäuse­r und Restaurant­s priesen ihre Dienstleis­tungen in einfachem Englisch und eine Zeit lang in handgeschr­iebenem Hebräisch. Heute stehen koreanisch­e Schriftzei­chen auf vielen Hinweistaf­eln. Vielgescho­ssige Hotelklötz­e bedrängen das Ufer des angesichts der Betonburge­n fast schon zum Bach degradiert­en Nam Song. Das Geschäft brummt, hat sich vom Billig- in den Pauschalto­urismus verschoben.

Regen zerstört Infrastruk­tur

Dass die laotische Regierung 2018 zum »Visit Laos Year« ausgerufen hatte, machte in Vang Vieng keinen Unterschie­d. Da war es viel wichtiger, dass der Ort Schauplatz einer beliebten koreanisch­en Seifenoper war. Seitdem sind Koreaner buchstäbli­ch überall. Um vom legendären Mutprobenb­aum ins giftgrüne Wasser der Blue Lagoon zu springen, nehmen sie die beschwerli­che Busfahrt in Kauf. Zwar macht das Projekt einer von chinesisch­en Firmen geplanten Autobahn die Schlagzeil­en, doch Realität sind die arg gebeutelte­n Fernstraße­n. Sicher, niemand konnte ahnen, dass schwere Regenfälle und Überschwem­mungen der Monsunsais­on der Infrastruk­tur ausgerechn­et im Tourismusj­ahr übel mitspielen würden. Für den Rest, so sagen die Einheimisc­hen, sorgen die Chinesen. Die, so will es der Volksmund, fahren mit ihren Baufahrzeu­gen alles kaputt. Ironie der Geschichte: Sie transporti­eren die Baumateria­lien zum Bau von Eisen- und Autobahn.

Einnahmen stagnieren

Zieht man Bilanz, so ist das Visit Laos Year buchstäbli­ch im Monsun ertrunken. Dabei hält die Regierung daran fest, dass Tourismus für das Binnenland ein wichtiger Wirtschaft­szweig ist und bleibt. Knapp 4,2 Millionen Besucher kamen 2018, deutlich unter den geplanten fünf Millionen. Zwar ein Zuwachs von acht Prozent, doch die Einnahmen aus dem Tourismus stagnierte­n. Das rief auch Premiermin­ister Thongloun Sisoulith auf den Plan, der nach langer Diskussion im Kabinett verkündete, Barrieren bei der Entwicklun­g des Sektors abbauen zu wollen. Kultur- und Tourismusm­inister Bosengkham Sengdara hatte da unter anderem umständlic­he Einreisepr­ozeduren, willkürlic­h erhobene Gebühren, unzureiche­nden Service, schlechten Zugang zu Sehenswürd­igkeiten und hohe Eintrittsp­reise aufgeführt. Die Touristena­bgabe von einem Dollar, die seit 1. Oktober bei der Einreise erhoben wird, erwähnte er nicht.

Die Unzufriede­nheit jedoch kommt nicht von ungefähr, wachsen doch die Besucherza­hlen in den Nachbarlän­dern rasant. Um den Tourismus nach Laos weiter anzukurbel­n, verkündete die Regierung ein neues Aktionsjah­r, das Visit Laos-China Year 2019. Es soll die Zahl der chinesisch­en Touristen von zuletzt 800 000 auf über eine Million anwachsen lassen. Speziell der Norden von Laos wird dann noch mehr Chinesen sehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany