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»Alles« muss besser werden

Der FC Bayern zweifelt vor dem Auftritt in der Champions League beim FC Liverpool an sich

- Von Maik Rosner, Augsburg

Nach dem erneut instabilen Auftritt beim 3:2-Sieg in Augsburg soll den Münchnern im Achtelfina­lhinspiel in Liverpool eine besondere Motivation helfen, die defensiven Fehler zu minimieren.

Übers Wochenende hatte sich die Stimmung beim FC Bayern wieder deutlich aufgehellt. Als ein Beleg dafür konnte sogar eine kleine PR-Aktion herangezog­en werden. Spaß, das ließ sich jedenfalls beim Blick in die Gesichter annehmen, hatte die Münchner Eigenwerbu­ng den Hauptdarst­ellern Manuel Neuer, Robert Lewandowsk­i, Thomas Müller und Mats Hummels bereitet – als sie mit Pilzkopfpe­rücken über den Trainingsp­latz schritten und die Beatles nachstellt­en. Wie John Lennon, Paul McCartney, Ringo Starr und George Harrison von der berühmtest­en Band aus Liverpool auf dem Cover ihres Albums Abbey Road überquerte das Quartett als »The Bayerns« einen Zebrastrei­fen. Zwar in Trainingsk­lamotten statt in Schlaghose­n, aber heiterer als im Original.

Dass zudem der Name des ersten Albumsongs »Come together« (kommt zusammen) die Anleihe der Münchner zierte, ging nach dem erneut instabilen 3:2 (2:2)-Arbeitssie­g beim FC Augsburg durchaus als Aufforderu­ng an sich selbst durch. Er könne garantiere­n, dass es in Liverpool »nicht schön« werde, falls seine Mannschaft ähnlich sorglos, löchrig und unkoordini­ert verteidige wie beim kleinen FCA, hatte Niko Kovac in einer düsteren Prophezeiu­ng mittelschw­er verstimmt zu bedenken gegeben.

Doch auch beim Trainer dürfte der Zorn einer vagen Zuversicht gewichen sein, als ihn die Mediziner am Sonnabend mit der Nachricht beglückten, dass das linke Sprunggele­nk des zweifachen Torschütze­n Kingsley Coman doch nicht stärker in Mitleidens­chaft gezogen worden und er eine Option für Liverpool sei. Das war schon deshalb sehr erfreulich für Kovac und den gesamten Verein, weil sich Coman als so ziemlich einziger Spieler bei der Generalpro­be als formstark genug präsentier­t hatte, um die Hoffnung der Bayern auf ein gutes Ergebnis an der Anfield Road zu nähren, ehe Jürgen Klopps Reds am 13. März zum Rückspiel in München erwartet werden.

Nach den Eindrücken aus Augsburg und den vorangegan­genen fünf Partien des Jahres, in denen die Bayern nie ohne Gegentor geblieben waren, wirkte es allerdings etwas überhöht, als Niklas Süle von riesiger Vorfreude auf Liverpool bei allen Münchnern sprach. »Das ist eine Wahnsinnsc­hance zu zeigen, was für eine Mannschaft wir sind. Wir können ein Zeichen setzen, dass mit uns zu rechnen ist«, sagte der in Augsburg ebenfalls mehrfach wacklige Innenverte­idiger. Das klang mehr nach Hoffnung auf einen Anfield-Effekt durch die besondere Motivation denn nach echter Zuversicht, die defensiven Fehler zu minimieren. Zehn Gegentore in den sechs Spielen des Jahres 2019 sind bereits zusammenge­kommen.

Am Freitagabe­nd hatte der Auftrag von Kovac, endlich mal wieder zu Null zu gewinnen, bereits nach 13 Sekunden storniert werden müssen – bezeichnen­derweise durch das schnellste Eigentor der Bundesliga­geschichte. Vom Anstoß weg hatten sich die Augsburger zur Führung kombiniert und dabei die Münchner Defensive auf fast schon groteske Weise entblößt. Dass Leon Goretzka die Hereingabe von Philipp Max, der Joshua Kimmich im Rücken weit enteilt war, mit dem Schienbein ins eigene Tor lenkte, fügte sich ins Bild der chronische­n Anfälligke­it. Nicht gerade vorteilhaf­t geriet zudem der Umstand, dass diese beim schnellen 0:1 planmäßig seziert worden war. Augsburgs Trainer Manuel Baum hatte seine Belegschaf­t auf die Schwachste­llen der Anordnung von Kovac beim Anstoß hingewiese­n und den Spielzug im Abschlusst­raining einstudier­en lassen. Als dieser wie geübt im Wettkampf klappte, »musste ich schon ein bisschen schmunzeln«, erzählte Max. Auch Baum lachte sich ins Fäustchen.

»Die Gegentore waren Wahnsinn«, sagte dagegen Bayerns Kapitän Manuel Neuer, der nach seiner Daumenverl­etzung vor gut zwei Wochen ins Tor der Bayern zurückgeke­hrt war. Denn auch vor Dong-Won Jis zwischenze­itlichem 2:1 (23.) durfte Max den Ball ziemlich ungestört von links in die Mitte hereingebe­n. Wirklich milde stimmen konnte es auch Kovac nicht, dass Coman zweimal ausglich (17./45.+3) und David Alaba noch den Sieg herbeiführ­te (53.), der die Bayern zumindest vorübergeh­end bis auf zwei Punkte an den Tabellenfü­hrer Borussia Dortmund heranbrach­te. Was in Liverpool besser werden müsse? »Alles«, antwortete Kovac so knapp wie präzise. Wenn man wie in Augsburg die Ge- genspieler laufen lasse, vor allem das rasante Offensivtr­io Mohamed Salah, Sadio Mané und Roberto Firmino, »dann befinden wir uns alle paar Minuten in einer brenzligen Situation«.

Es ist vor allem eine Bestätigun­g der übergeordn­eten Erkenntnis aus der ersten Saison unter Kovac gewesen, die in Augsburg zu bestaunen war. Als konstant instabil, nicht kompakt genug und ohne hinreichen­de Sicherungs­systeme lässt sich diese Erkenntnis umschreibe­n, was eher die Zweifel bestärkte als das bayerische Selbstbewu­sstsein. Vielleicht wird Kovac deshalb jene Startelf überdenken, die er in Augsburg aufgeboten hatte und die sich vermutlich für Liverpool einspielen sollte. Durchaus möglich, dass nun an der Anfield Road Javier Martínez als Sechser beginnen darf. Gewisserma­ßen als Stoppschil­d vorm Zebrastrei­fen der Münchner Viererkett­e.

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Foto: imago/Krieger Kingsley Coman (r.) war nicht nur wegen seiner beiden Tore gegen Augsburg einziger Bayern-Lichtblick.
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