Lauf, Bernie, lauf!
Sanders will erneut US-Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden
Berlin. Was dieses Mal anders sei, wollte CBSModerator John Dickerson wissen. »Wir werden gewinnen«, so einfach sei das, erklärte Bernie Sanders dazu nur. Der Senator aus dem USBundesstaat Vermont hat am Dienstag verkündet, erneut Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden zu wollen. Ja, er trete an, erklärte Sanders gemäß politischer Sitte zuerst in seinem Heimatstaat gegenüber dem Radiosender VPR. Direkt danach ging es zum großen Interview mit den nationalen Medien, mit CBS. Da war der Kampagnenapparat von Sanders bereits angelaufen. An die Millionen Unterstützer, die noch seit dem Wahlkampf 2016 auf der Mailliste des Senators stehen, erging eine Rundmail mit dem Aufruf zu spenden und Teil der Kampagne zu werden. Sanders habe eine seit Jahren bestehende Basis, die zudem die aktivste aller Präsidentschaftskandidaten sei, erklärte die Aktivistin Winnie Wong, die mit der Social-Media-Gruppe »People for Bernie« Sanders im Internet unterstützt. Seine Anhänger seien bereits in allen 50 US-Bundesstaaten organisiert, »das sind die zukünftigen ›Super-Freiwilligen‹«, so Wong.
Der Senator aus Vermont erklärte am Dienstag, er wolle eine Million Aktivisten in seine Kampagne einbinden. Nun sei »der Zeitpunkt gekommen, die politische Revolution von 2016 weiter voranzutreiben«. In seinem ersten Wahlkampfvideo stellt Sanders vor allem heraus, das sein Engagement für den Mindestlohn etwa den Arbeitern von Amazon bereits konkrete Verbesserungen gebracht habe, linke Politik also erfolgreich sei. Sanders Motive für die Kandidatur: Trump sei eine Peinlichkeit und ein Rassist. Außerdem seien die Demokraten nach links gerückt, er wolle nun als Unabhängiger weitere Menschen in die Partei bringen. Zu Kritik an seinem Alter sagt der 77-Jährige: »Ich bin mit guter Gesundheit gesegnet und habe viel Energie.«
»Run, Bernie, Run« drängt die Basis seit Monaten. Nun hat Sanders entschieden, erneut als Kandidat der US-Demokraten antreten zu wollen. Er will seine 2016 begonnene politische Revolution fortsetzen.
Bernie Sanders will es noch einmal versuchen. Er will Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den USA werden. »Wir haben die politische Revolution 2016 begonnen und nun ist der Zeitpunkt gekommen, sie weiter voranzutreiben«, erklärte Sanders am Dienstagmorgen gegenüber dem öffentlichen Radiosender VPR in Vermont. Er wolle, dass es die Leute in seinem Heimatstaat zuerst erfahren, erklärte er. Damit sind Monate der Spekulation zu Ende. »Ich will den Glauben an Gerechtigkeit, die Community und Graswurzelpolitik ins ganze Land tragen. Ich trete zum einen an als Präsidentschaftskandidat, weil Trump peinlich für das Land, ein pathologischer Lügner und Rassist ist, und zum anderen, weil wir die Demokraten erfolgreich nach links gerückt haben und viele meiner Ideen von 2016 sehr populär sind.«
Seine Basis hatte den 77-Jährigen seit Monaten mit der Kampagne »Run, Bernie, Run« zu einer Kandidatur gedrängt. »Ich denke, Bernie ist der Einzige, der Donald Trump besiegen kann«, so Aktivistin Winnie Wong gegenüber »nd«. Die Womens-MarchAktivistin und Mitbegründerin der Social-Media-Gruppe »People for Bernie« trommelt seit Monaten für Sanders. Der könne die entscheidenden Swing States Michigan und Wisconsin gewinnen und anders als zentristische Demokraten auch in republikanischen Staaten im Westen viele Stimmen gewinnen, meint Wong.
Laut der letzten verfügbaren Umfrage vom August 2018 würde Sanders die Präsidentschaftswahl im direkten Vergleich mit Trump mit elf Prozentpunkten Vorsprung gewinnen. Umfragen aus dem Frühsommer 2016 zeigten einen ähnlichen Vorsprung des Senators aus Vermont. Der hatte immer wieder durchblicken lassen, er werde nur antreten, wenn er überzeugt sei, wirklich der beste Kandidat zu sein, der Trump schlagen könne.
Bereits Ende Januar hatte YahooNews unter Berufung auf Quellen aus dem Sanders-Lager gemeldet, dieser fühle sich durch Umfragedaten zu einem erneuten Anlauf ermutigt, die ihn als bevorzugten Kandidaten von Schwarzen und Latinos zeigen. Das war 2016 eine seiner Schwächen: Inhaltlich hatte Sanders, der sich in seiner vierzigjährigen Politikkarriere vor allem gegen soziale Ungleichheit eingesetzt hat, zu wenig zum Thema Rassismus zu sagen, wirkte hölzern und ungelenk in seinem Umgang mit Black Lives Matter. Trotz Bemühungen der Sanders-Kampagne, der Kritik gerecht zu werden, konnte dieser 2016 die schwarze Community, die in den Vorwahlen der Demokraten eine entscheidende Rolle spielt, nicht ausreichend für sich begeistern.
43 Prozent der Stimmen der Demokraten hatte Sanders vor drei Jah- ren bei den Vorwahlen der Demokraten gewonnen. Er entschied 23 USBundesstaaten für sich, vor allem im Mittleren Westen und im von Deindustrialisierung betroffenen Rustbelt. Vor allem im »black belt«, den von vielen afroamerikanischen Wählern geprägten Südstaaten in South Carolina, Georgia, Alabama und Mississippi, hatte hingegen Sanders Rivalin Hillary Clinton einen deutlich höheren Stimmenanteil erreicht als dieser, weil vor allem ältere schwarze De- mokraten für sie stimmten. Jüngere Schwarzen waren dagegen mehrheitlich für Sanders.
Der umwirbt die Afroamerikaner im Land jetzt deutlich engagierter, trat am Martin-Luther-King-Day Ende Januar in South Carolina auf, besuchte schwarze Kirchen, schwarze Universitäten, marschierte Arm in Arm mit der schwarzen Community durch South Carolinas Hauptstadt Columbia – es war sein erster großer Auftritt dieses Jahr. Martin Luther King sei ein »Revolutionär« gewesen, der sich gegen Rassismus, soziale Ungleichheit und den Krieg ausgesprochen habe, so Sanders. Laut einer Umfrage von Mitte Januar sehen 59 Prozent aller Afroamerikaner Sanders positiv.
Ein Vorteil von Sanders dieses Mal ist außerdem: Fast jeder Amerikaner kennt ihn. Damit sei er »Lichtjahre entfernt« von der Situation zu Beginn seines Vorwahlkampfes 2016, als nur wenige Menschen den Senator aus Vermont kannten, so besagte Quelle aus dem Umfeld von Sanders gegenüber Yahoo News.
Doch Sanders Erfolg und die Popularität seiner Positionen sind auch ein Problem für ihn. Denn dieses Jahr muss sich Sanders gegen rund ein Dutzend Kandidaten bei den Demokraten durchsetzen. Dabei könnte ihm das Verlangen der Partei nach einem »ganz neuen Gesicht« zum Nachteil werden. Das zumindest scheint eine USA Today Umfrage von Mitte Dezember 2018 zu zeigen. Der zufolge sagten 41 Prozent, Sanders sollte nicht antreten. 36 Prozent wären demnach »begeistert« von einer Kandidatur. Die größte Begeisterung jedoch verspüren mit 56 Prozent die meisten Amerikaner, sollte »eine komplett neue Person« antreten. Sanders polarisiert offenbar, ist kein unverbrauchtes Gesicht.
Auch inhaltlich ist Sanders dieses Jahr nicht mehr alleine. Die nach links rückenden Demokraten haben viele seiner Positionen übernommen, zumindest dem Anschein nach. Eine staatliche allgemeine Gesundheitsversorgung zum Beispiel, eine zentrale Idee von Sanders, fordern mehrere Kandidaten der Demokraten. Elizabeth Warren aus Massachusetts etwa.
Doch Sanders Unterstützer aus der »Run, Bernie, Run« Kampagne meinen, die großen linken Ideen wie Medicare for all, Abschaffung der Studiengebühren, eine Schließung der Abschiebebehörde ICE sowie ein Ende der harschen Gefängnispolitik des Landes und eine Legalisierung von Marihuana werde es nur mit dem Original geben. Mit dem Mann, den sie liebevoll »Bernie« nennen.