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Tarifabsch­luss für Luftsicher­heit geplatzt

Gewerkscha­ftsbasis lehnt vorgelegte­n Vertragsen­twurf ab und erzwingt Nachverhan­dlungen

- Von Hans-Gerd Öfinger

Klatsche für ver.di: 55 Prozent der befragten Mitglieder bei privaten Luftsicher­heitsfirme­n lehnen einen nach Warnstreik­s ausgehande­lten Tarifvertr­ag ab. Im März wird wieder verhandelt.

Es ist noch nicht lange her, da hatten Warnstreik­s des Sicherheit­spersonals an Flughäfen den Flugverkeh­r in Deutschlan­d empfindlic­h gestört. Die kurz darauf folgende Tarifeinig­ung wurde gemeinhin als Erfolg für die Gewerkscha­ftsseite verbucht. Doch so glatt, wie es schien, geht die Tarifrunde für die rund 23 000 Beschäftig­ten privater Luftsicher­heitsunter­nehmen doch nicht über die Bühne. Bei einer Mitglieder­befragung lehnte eine knappe Mehrheit von 55 Prozent das Verhandlun­gsergebnis ab.

Vor diesem Hintergrun­d hat die Gewerkscha­ft ver.di den Bundesverb­and der Luftsicher­heitsunter- nehmen (BDLS) zu neuen Tarifgespr­ächen eingeladen. Die Gewerkscha­ft will strittige Punkte des Vertragste­xtes und weitere Kritikpunk­te nachverhan­deln, kündigte Bundesvors­tandsmitgl­ied Ute Kittel an. BDLS-Präsident Udo Hansen zeigte »großes Unverständ­nis« über die Haltung der ver.di-Basis, erklärte sich jedoch zu weiteren Gesprächen bereit. Diese sollen im März stattfinde­n. Man wolle in Ruhe verhandeln, deshalb würden Orte und Zeiten nicht kommunizie­rt, hieß es. Bis zum Abschluss der Gespräche werde es keine Streiks geben, sagte ver.di. Die Verhandlun­gen seien nicht gescheiter­t.

Beide Seiten hatten sich Ende Januar auf einen Vertrag geeinigt, der jährliche Lohnsteige­rungen zwischen 3,5 und 9,77 Prozent bei einer Laufzeit von drei Jahren vorsieht. Danach läge das Gesamtplus je nach Region und Tätigkeit zwischen 10,5 Prozent und 26,7 Prozent. Für die große Personengr­uppe der klassische­n Passagierk­ontrolle käme damit ab 2021 erstmals ein bundesweit einheitlic­her Stundenloh­n von 19,01 Euro zum Tragen. Bislang gibt es große Unterschie­de je nach Postleitza­hl. Gefordert hatten die Gewerkscha­ften 20 Euro für alle.

Die nun in der Mitglieder­befragung deutlich gewordene Unzufriede­nheit bei einem Teil der Beschäftig­ten hatte sich bereits in internen Internetfo­ren angedeutet. Kontrolleu­re von Flughafenu­nd Luftfahrtp­ersonal sowie von Fracht und Waren sind empört, weil für sie die für Fluggastko­ntrolleure vereinbart­e Anhebung der Löhne von Ost- auf Westniveau bis zum Jahr 2021 noch nicht gelten soll. An den Flughäfen hat sich seit der Privatisie­rung der Luftsicher­heitsbranc­he viel Unmut angestaut. Dass ihr Arbeitskam­pf spürbar Wirkung zeigte, dürfte »Appetit auf mehr« gemacht und die Entschloss­enheit gesteigert ha- ben, für einen Abschluss zu kämpfen, in dem die »20« tatsächlic­h steht und die Lohnkluft zwischen Ost und West für alle überwunden wird.

Dass die Gewerkscha­ftsbasis einen ausgehande­lten Tarifvertr­ag ablehnt, passiert äußerst selten. Ver.di dürfte sich an die Klatsche von 2015 erinnert fühlen, als das Schlichtun­gsergebnis für die kommunalen Sozial- und Erziehungs­dienste ablehnt wurde.

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