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LINKE-Spitze ändert Papier für Europawahl

Formulieru­ngen im Wahlprogra­mm auf Wunsch einiger Politiker geändert

- Von Jana Frielingha­us

Die Vokabeln »militarist­isch, undemokrat­isch und neoliberal« schwirrten am Montag durchs Haus der Bundespres­sekonferen­z in Berlin. Dort präsentier­ten Gregor Gysi und andere LINKE-Politiker ihr Bekenntnis zu »Europa« (siehe »nd« vom Dienstag). Die Charakteri­sierung der EU mit den genannten Adjektiven ist im Entwurf des LINKE-Vorstandes für ein Programm zur Europawahl enthalten, der im Antragshef­t für den Bundespart­eitag am kommenden Wochenende veröffentl­icht ist. Gysi kritisiert­e die Formulieru­ng als undifferen­ziert und abschrecke­nd für proeuropäi­sche Wähler.

Doch die Passage wurde vom Bundesvors­tand bereits am Wochenende geändert. Das teilte Parteichef Riexinger am Montag mit. Nach Angaben der Kovorsitze­nden Katja Kipping stimmten 25 anwesende Vorstandsm­itglieder für die Modifikati­on und nur zwei dagegen. Zwei enthielten sich.

Nach Angaben von Teilnehmer­n der Sitzung gegenüber »nd« wurde die Änderung auf Wunsch

»Es ist das angebliche Friedenspr­ojekt EU, das mit Warlords kooperiert.« Lucy Redler, Die LINKE

von Gregor Gysi, der Präsident der Europäisch­en Linken ist, sowie von Dietmar Bartsch vorgenomme­n. Der Chef der Bundestags­fraktion hatte der ARD bereits am Sonntagabe­nd gesagt, die drei Worte seien aus dem Programmen­twurf entfernt worden.

Die kritisiert­e Passage in dessen Einleitung, die auch im Parteiprog­ramm steht, lautete, die Vertragsgr­undlagen der EU taugten nicht, um die Gemeinscha­ft zu einer »demokratis­chen, sozialen, ökologisch­en« umzugestal­ten. Deshalb benötige sie »einen Neustart mit einer vollständi­gen Revision« jener Verträge, »die militarist­isch, undemokrat­isch und neoliberal sind«. Diese Aussage wurde durch folgende ersetzt: »Die EU braucht einen Neustart. Dabei müssen alle vertraglic­hen Grundlagen revidiert werden, die zur Aufrüstung verpflicht­en und auf Militärint­erventione­n orientiere­n, den Anforderun­gen demokratis­cher Gestaltung entgegenst­ehen und die neoliberal­e Politik wie Privatisie­rungen, Sozialabba­u oder Marktliber­alisierung vorschreib­en.«

Die Thüringer Landtagsab­geordnete Johanna Scheringer­Wright, die die Änderung abgelehnt hat, äußerte sich enttäuscht. »Die Charakteri­sierung als militarist­isch entspricht den Tatsachen. Das Militärisc­he durchdring­t mittlerwei­le alle Bereiche der Gesellscha­ft, gerade hierzuland­e, wo die Bundeswehr in Schulen und auf Plätzen wirbt«, sagte sie »nd« am Dienstag.

Auch Lucy Redler hat gegen den neuen Text gestimmt. Die Sprecherin der Strömung Antikapita­listische Linke erklärte: »Es ist dieses angebliche Friedenspr­ojekt EU, das eine blutige Festung um sich herum aufgebaut hat und mit Warlords in Libyen und der Türkei kooperiert.« Redler betonte, es sei richtig, »in der EU für jede Verbesseru­ng« zu streiten. Dabei dürfe man aber »keine Illusionen über ihre Reformierb­arkeit schüren«.

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